— 74 —
Bestreben, die Wissenschaft gemeinfaßlich zu machen, sie mehr ins Leben
eingeführt und daß er statt des Lateinischen die deutsche Sprache an den
Universitäten zur Lehrsprache gemacht hat.
4. Die Baukunst. Von einer deutschen Baukunst des 17. und
18. Jahrhunderts kann kaum die Rede sein. Die Baukunst hatte aufgehört,
ein nationales Gepräge zu tragen, wie man das noch von den herrlichsten
Erzeugnissen der deutschen Renaissance sagen konnte. Diese wurde nun
verdrängt durch den in Italien entstandenen und vor allem in Frankreich
ausgebildeten Barockstil; von Versailles aus trat er die Reise in die
europäischen Staaten an. Der Barockstil wie auch das Rokoko sind nicht
als selbständige Stilarten, sondern als die Ausläufer der Renaissance zu
betrachten. Der Barockstil charakterisiert sich als eine gewaltsame Über-
treibung der Formen, die von der Renaissance in maßvoller Schönheit
angewandt worden waren, und in Überladung mit bildnerischem Beiwerk.
Dieses verdrängt oft die Architektur, und die Plastik will darum an den Bauten
des Barockstils vornehmlich betrachtet werden. Alles kommt dem Barock
auf den Schein, den äußeren Schmuck, die Dekoration an; er wurde die
höfische Kunst der verschwenderischen Fürsten seiner Zeit und mußte in
erster Linie der Repräsentation dienen. Während so die Baukunst in ihren
Formen und Verzierungen einer geschmacklosen Willkür, Überladung und
Unschönheit verfiel, blieb ihr für die architektonische Anordnung im all-
gemeinen, namentlich für die Anlage von Auffahrten und Freitreppen von
Vorplätzen, Hofräumen, Treppenhäusern, Zimmern und Sälen ein gesunder
Schönheitssinn und ein Gefühl für Würde. Wenn diese Eigenschaften den
Barockstil zur Ausführung von Palastbauten befähigten, so konnte es ihm
jedoch nie gelingen, im Kirchenbau die Wirkungen des Erhabenen und Er-
baulichen hervorzubringen. Und doch wurden auch im Barockstil namentlich
von dem Jesuitenorden viele Kirchen gebaut (Jesuitenstil). Die Neuerung
des Barocks auf dem Gebiete des Kirchenbaues war nach italienischem
Muster die Verbindung von Langhaus- und Kuppelbau (Zentralbau).
(Siehe die Frauenkirche in Dresden. Fig. 7.) Zur Ausführung der
Barockbauteu in Deutschland wurden viele italienische und französische Bau-
meister ins Land gezogen, deutsche Künstler bildeten sich bei ihnen oder
gingen zu ihrer Ausbildung nach Paris und Rom.
Noch zu Ausgang des 17. Jahrhunderts machte sich im Gegensatz
zur Üppigkeit des neuen Stils eine ernstere, klassische Richtung geltend,
die vor allem der Architektur der Plastik gegenüber zu ihrem Rechte ver-
half; diese Richtung hatte ihren Boden namentlich in Berlin. Hier er-
baute seit 1685 Neriug eins der edelsten Werke dieser Richtung, das heute