Full text: Deutsche Geschichte bis 1648 (Teil 1)

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Fällen der Bäume, dem Wegebahnen und dem Schlagen von Brücken volle 
Arbeit hatten. Die Römer führten auch wie im Frieden viele Wagen und 
Lasttiere mit sich, und Kinder, Weiber und Diener folgten ihnen, so daß 
schon dadurch wenig Ordnung in dem Zuge war. Dazu kam, um sie noch 
mehr auseinander zu bringen, Regen und heftiger Wind, und der schlüpfrig 
gewordene Boden sowie die Wurzeln und die umgestürzten Baumstämme 
gestatteten nur unsichere Tritte. 
Während solcher Not fielen die Feinde aus den dichten Wäldern über 
die Römer her. Der Wege besser kundig, umzingelten sie die Römer von 
allen Seiten und beschossen sie mit ihren Pfeilen und Speeren anfangs aus 
der Ferne, dann aber, als die Römer sich nicht zur Wehr setzten, rückten sie 
ihnen dichter auf den Leib. Die Römer, deren Zug vielfach durch Wagen 
und durch Unbewaffnete unterbrochen war, konnten sich nicht leicht auf einem 
Punkte sammeln und litten daher, den Angreifenden selbst an Zahl nicht 
gewachsen, großen Verlust, ohne den Feinden etwas anhaben zu können. 
Als sie einen tauglichen Platz fanden, soweit dies in dem Waldgebirge 
möglich war, schlugen sie ein Lager auf, verbrannten die Mehrzahl ihrer 
Wagen und anderes, was sie entbehren konnten, oder ließen es zurück und 
zogen dann am anderen Tage in besserer Ordnung weiter. Sie waren 
zwar so glücklich, bis zu einem lichteren Orte vorzudringen, doch geschah 
auch das nicht ohne Verluste. Als sie von da aufbrachen, gerieten sie wieder 
in dichte Waldungen. Sie wehrten sich zwar gegen die Andringenden, 
gerieten aber auch dadurch in nicht geringe Not. Denn wenn sie an engeren 
Stellen sich zusammentaten, um in geschlossenen Gliedern, Reiterei und 
Fußvolk, gegen den Feind vorzurücken, wurden sie daran durch ihre eigene 
Menge sowie durch die Bäume gehindert. 
Als sie am dritten Tage sich wieder auf den Weg machten, strömten 
Regengüsse hernieder, und erhob sich ein furchtbarer Sturm. Sie vermochten 
weder weiter zu ziehen noch auch sichern Fuß zu fassen. Ja, sie konnten 
sogar nicht einmal von ihren Waffen Gebrauch machen; denn Pfeile, Wurf- 
spieße und Schilde waren durchnäßt und nicht gut zu gebrauchen. Ihre 
Feinde, die meist leicht bewaffnet waren und deshalb angreifen oder sich 
zurückziehen konnten, wie sie wollten, hatten von solchen Unfällen weniger 
zu leiden. Überdies waren sie auch an Zahl den Römern weit überlegen, 
denn auch die früher Bedenklichen hatten sich, wenn auch nur, um Beute 
zu machen, jetzt eingefunden. Sie umringten die schwächeren Römer, die 
schon in den vorangegangenen Kämpfen viele Leute verloren hatten, um so 
leichter und machten sie nieder. So kam es, daß Varus und die angesehensten 
Führer, die schon verwundet waren, fürchteten, daß sie lebendig in die Hand 
des Feindes geraten oder von dem erbitterten Gegner grausam getötet werden 
könnten, und legten Hand an sich selbst. 
Als die Kunde davon sich verbreitete, setzte sich keiner, wenn er auch 
noch Kräfte halte, weiter zur Wehr. Die einen ahmten dem Beispiel ihrer 
Führer nach, die anderen warfen die Waffen weg und ließen sich ohne 
Gegenwehr niedermachen. An Flucht war, wenn man auch wollte, nicht zu 
denken. Alle wären umgekommen oder in Gefangenschaft geraten, wenn 
nicht die Feinde nach Beute zu begierig gewesen wären. So gewannen die 
kräftigsten unter den Römern einen Vorsprung, um zu entkommen.
	        
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