Full text: Quellen-Lesebuch für den Unterricht in der vaterländischen Geschichte

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m bei drei Stunden. Der König schickte mittlerweile die Heiden zum 
Vorstreite, die Polen waren noch ungeordnet. Hätten die Ordensgebietiger 
den König von ihrer Aufstellung aus angegriffen, so mochten sie Gut und 
Ehre erworben haben. Das geschah leider nicht; sie wollten ritterlich mit 
ihnen streiten. Und der Ordensmarschall sandte dem Könige (nach Kriegs- 
gebrauch) zwei Herolde zu mit zwei bloßen Schwertern, daß sein Heer sich 
nicht ferner im Walde verberge, sondern, um Streites zu pflegen, hervor¬ 
käme auf das Feld. Da zog die Heidenschaft zuerst in den Kampf, und 
durch die Gnade des Herrn wurden sie geschlagen. Die Polen kamen ihnen 
aber zu Hilfe, und es erhub sich ein großer Streit. Der Meister schlug 
sich mit den Seinen dreimal durch mit Macht, und der König war ge- 
wichen, also daß das Ordensheer den Siegesgesang anhub: „Christ ist 
erstanden." Da sprengten des Königs Hilfsvölker und Söldner herbei, 
trafen auf die Ordenskrieger und umgaben sie. Und sie erschlugen den Meister 
und die großen Gebietiger und gar viele Brüder des Ordens; die Fahnen 
des Meisters und des Ordens warfen sie zu Boden. Etliche Bösewichter, 
Ritter und Knechte von Kulmerland unterdrückten ihr Banner*) und 
mehrere andere und entwichen aus dem Streithaufen wie Verräter. Nun 
wurden die Streiter des Ordens von Tataren und Polen in die Flucht ge- 
schlagen, also daß der König mit den Seinen das Feld behielt. Hätte 
man ihn nicht zu gering geachtet, wären des Ordens Sachen besser be- 
stellt gewesen. So griff der Meister immer mit seiner ganzen Streitmacht 
den König an, während dieser mit neuen, frischen Haufen stritt. Das 
brachte dem Orden großen Schaden und dem Könige und den Seinen Glück. 
Von allen im Kampfe gestandenen Gebietigern und Komturen waren 
nur drei entkommen, der Oberst-Spittler und die Komturen von Danzig 
und Balga, die andern waren alle erschlagen, nur wenige wurden gefangen 
genommen von Komturen, Vögten, Pflegern und andern Brüdern. Von 
den Leuten, die zu Pferde und zu Fuß aus allen Gebieten zum Streite ge- 
zogen waren, wurden ohne Zahl soviel erschlagen, daß es Gott erbarmen 
mußte. Als nun der Streit vorüber war, blieb der König zwei Tage aus 
der Walstatt und ließ die Erschlagenen plündern und die Gefangenen in 
Gewahrsam bringen. Den Leichnam des Hochmeisters ließ er vor seinem 
Zelte niederlegen, allem Volke zur Schmach; danach sandte er ihn gen 
Osterode, von wo er am vierten Tage nach dem Streite nach Marienburg 
gebracht und beigesetzt wurde. 
Großer Jammer kam über all das Land zu Preußen, denn Ritter 
und Knechte und die großen Städte des Landes wandten sich alle dem 
Könige zu, trieben die Brüder, bie noch geblieben waren, von ben Häusern 
*) Dasselbe führte Nikolaus von Renys, der Häuptling des Eidechsenbundes.
	        
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