Full text: Deutsche Geschichte bis zum Ende des Dreißigjährigen Krieges (Bd. 4)

Die Religion der Germanen. 9 
Schild; das Fußvolk hatte auch Wurfspieße; Schwert, Brustharnisch 
und Helm waren wenig im Gebrauch. Die Hauptstärke der Germanen 
bestand im Fußvolk, der schwächeren Reiterei gaben sie durch beigemischte 
Fußtruppen größere Kraft. Hinter der Schlachtreihe war oft die Wagen- 
bürg aufgeschlagen, von der herab die Weiber durch ihren Zuruf die 
Kämpfenden anfeuerten; sie erquickten die Ermatteten mit Speise und 
Trank, verbanden die Verwundeten und stürzten sich oft selbst ins 
Schlachtgewühl. Der erste Angriff geschah mit ungestümer Heftigkeit und 
unter kriegerischem Gesänge. Aber da es den Germanen an nachhaltiger 
Ausdauer und kunstgerechter Übung im Kampfe gebrach, so unterlagen 
sie in offener Feldschlacht meistens den kriegsgewandten und besser 
bewaffneten römischen Truppen. — Neben dem allgemeinen Heerbann 
bildeten sich besondere Freischaren, die sog. Gefolgschaften. Oft 
sammelte ein durch Tapferkeit hervorragender, unternehmungslustiger 
Häuptling eine Schar junger Männer als Kriegsgefährten um sich, zog 
mit ihnen auf Beute und Eroberung aus oder bot bei den häufigen 
heimischen Streitigkeiten einem kriegführenden Stamme, nicht selten 
auch den Römern seine Dienste an. Dem Gesolgsherrn in jeder Gefahr 
treu beizustehen, galt als Ehrenpflicht, ihn zu überleben, wenn er in der 
Schlacht gefallen war, als die größte Schande. Diese treue Anhänglich- 
feit lohnte der Gefolgsherr durch freigebige Spendung von Waffen und 
Lebensunterhalt. 
4. Die Religion der Germanen. § 
Die spärlichen Kenntnisse, welche wir aus den lateinischen Schrift- 
stellern über die Religion der Germanen schöpfen, werden besonders 
durch zwei alte isländische Sagensammlungen, die beiden Edda, ergänzt. 
Als^Ltter verehrten die Germanen ursprünglich persönlich ge- 
dachte Naturkräfte^denen man eine Beziehung zur Tätigkeit und zum 
Leben der Menschen beilegte. Der höchste, von allen Stämmen verehrte 
Gott war anfangs T i u oder Ziu. der Gott des leuchtenden, alles um- 
fassenden Himmels. Er war insbesondere auch Kriegsgott. Ihm zur 
Seite stand die göttlich verehrte nahrungspendende Erde, die als seine 
Gemahlin galt und Frija (d, h. Gattin) genannt wurde. Man verehrte 
sie an der See unter dem Namen Nerthus. Frühzeitig löste sich von 
dem Himmelsgotte Tiu der Gott des Donners, Donar (nordisch: 
Thor), ab. Man dachte sich ihn auf einem mit Böcken bespannten Wagen 
durch die Lüfte fahren und im Blitze einen Hämmer auf die Erde fchleu- 
dem, welcher flugs wieder in feine Hand zurückspringt. Wodan 
(nordisch: Odin) war ursprünglich nur ein Dämon des Sturmes, aber 
allmählich wurde er der Hauptgott der Germanen. Er ist der weit- 
lenkende Gott, der von seinem Thron durch eine Öffnung des Himmels-
	        
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