Full text: Deutsche und brandenburgisch-preußische Geschichte vom Ausgange des Dreißigjährigen Krieges bis 1815 (Bd. 2)

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Friedrich II. über den preußischen Staat unter seinem Vater. 
die nur anderen zur Last liegen, gesäubert, und jene unglücklichen Menschen, 
die wir nur mit Ekel und Mitleid ansehen, und welche die Natur sties- 
mütterlich behandelt hat, fanden Aufnahme in den öffentlichen Krankenhäusern. 
Während diese Veränderungen vorgenommen wurden, verschwanden 
Luxus, Prunksucht und Vergnügungen; der Geist der Sparsamkeit ver- 
breitete sich über alle Stände, bei Reichen wie bei Armen. Unter den 
vorigen Regierungen verkauften viele Adlige ihre Besitzungen, um Drapd'or 
(Goldgewebe) und Tressen zu kaufen. Diese Torheit hörte jetzt aus. In 
den meisten preußischen Staaten müssen die Edelleute sehr sorgfältig Haus- 
halten, um ihre Familien zu ernähren, weil das Erstgeburtsrecht nicht statt- 
findet, also Väter, die viele Kinder auszustatten haben, die nach ihrem Tode 
ihr Haus in neue Zweige teilen, nur durch Sparsamkeit sich ein anständiges 
Einkommen verschaffen können. Diese Verminderung der Ausgaben im Volke 
verhinderte nicht, daß viele Handwerker ihre Kunst vervollkommneten; unsere 
Kutschen. Tressen, Sammet und Goldarbeit gingen nach ganz Deutschland. 
Aber was zu beklagen ist, man ließ während dieser nützlichen und groß- 
artigen Anordnungen die Akademie der Wissenschaften, die Universitäten, die 
freien Künste und den Handel gänzlich in Verfall geraten. Die Vakanzen 
in der Königlichen Akademie der Wissenschaften wurden schlecht und ganz ohne 
Wahl wieder besetzt. Die Zeit schien infolge seltsamer Entartung etwas 
darein zu setzen, eine Gesellschaft von so hehrem Ursprünge, deren Arbeiten 
ebensosehr den Nationalruhm wie die Fortschritte des menschlichen Geistes 
förderten, geringznachten. Während diese Gesellschaft in Todesschlaf ver- 
sank, erhielten doch die Medizin und Chemie sich in Ansehen. Pott, Marggraf 
und Eller verbanden und zersetzten mancherlei Stoffe; sie klärten die Welt 
mit ihren Entdeckungen auf, und die Anatomen erlangten ein Gebäude für 
öffentliche Sektionen, das nachmals die blühende Schule für Chirurgen wurde. 
Die Universitätsstühle wurden nach Gunst und Kabalen besetzt . . . 
Der junge Adel, welcher sich dem Kriege widmete, meinte durch Studien 
sich herabzusetzen, und wie der menschliche Geist gern übertreibt, so hielten 
sie Unwissenheit für einen verdienstlichen Titel und Wissen für abgeschmackte 
Pedanterie. 
Aus demselben Grunde verfielen die freien Künste. Die Maler- 
akademie ging ein; der Direktor Pesne verließ die Akademie und malte 
Porträts. Tischler wurden Bildhauer und Maurer Baumeister. Ein Chemiker, 
namens Böttcher, ging von Berlin nach Dresden und übergab dem König 
von Polen das Geheimnis, Porzellan zu verfertigen, welches an Schönheit 
der Gestalten uud Feinheit des Farbenwechsels das chinesische übertrifft. 
Unser Handel war noch nicht geboren. Die Regierung selbst hielt 
ihn zurück durch Befolgung solcher Grundsätze, die ihn geradezu verhindern 
emporzukommen.
	        
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