Full text: Deutsche und brandenburgisch-preußische Geschichte vom Ausgange des Dreißigjährigen Krieges bis 1815 (Bd. 2)

Schiller: Der Wiener Kongreß. 
281 
unter englischem Schutze erklärt; sie waren zum Stützpunkte der englischen 
Macht im Ostbecken des Mittelmeers bestimmt. 
Die Angelegenheiten Deutschlands wurden zuerst von den Bevollmäch- 
tigten Österreichs und der vier Königreiche Preußen, Bayern, Hannover 
und Württemberg beraten; ein Antrag von 32 kleineren Staaten an Kaiser 
Franz, die deutsche Kaiserwürde wieder anzunehmen, wurde zurückgewiesen. 
Österreich hatte schon im Pariser Frieden auf Herstellung des deutschen 
Reiches verzichtet; da sein Schwerpunkt nach Osten verlegt war und die 
slawischen Interessen jetzt besondere Berücksichtigung erforderten, so konnte es 
tatsächlich auch die Pflichten des deutschen Kaisertums nicht mehr erfüllen. 
Der Gedanke eines preußischen Kaisertums wurde nicht energisch verfolgt, 
da Preußen nicht in neuen Gegensatz zu Österreich treten wollte. Um alle 
deutschen Länder zu einigen, blieb nichts übrig als ein Staatenbund, besonders 
da in den Verträgen mit den Rheinbundsürsten diesen die Souveränität 
zugesprochen war. Durch diese Bestimmung wurden auch die wieder erhobenen 
Ansprüche der Mediatisierten beseitigt. Die eigentlichen Verfassungsberatungen 
erfolgten auf der Grundlage eines von W. v. Humboldt gearbeiteten Ent- 
wurfs. in dem eine kräftige Bundesgewalt aus Österreich. Preußen. Bayern, 
Württemberg und Hannover. eineMckchMfammentreteNde^Bundesversamm- 
lung ailer deutschen Fürsten, eine feste Kriegsverfassung^Än BlmdTMrichi, 
BrstMnköM ^es-BeUragsrechtes • EmMwÄkn - tmHDte- Garantie lsnd- 
ständifcher - Verfassungen -gefordert waren. Spätere Zusatzanträge betrafen 
noch die Rechte der Mediatisierten und die einheitliche Organisation der 
katholischen Kirche Deutschlands. Aber alle Punkte, die eine straffere Bundes- 
Verfassung ermöglicht hätten, fielen in den Beratungen dem Widerstreben der 
Mittelstaaten und Österreichs zum Opfer, schließlich auch noch das Bundes- 
gericht. So kam das klägliche Werk der deutschen Bundesakte am 10. Juni 
1815 zum Abschluß, dem die Begründer selbst die traurigste Prognose stellten. 
Der „Deutsche Bund" war ein völkerrechtlicher Verband von 35 souveränen 
Staaten und vier freien Städten, ausschließlich bestimmt zur Erhaltung der 
inneren und äußeren Sicherheit Deutschlands und der Unabhängigkeit und 
Unverletzbarkeit der deutschen Staaten, keineswegs aber zum Wohl des 
deutschen Volkes, das überhaupt in der Bundesakte gar nicht erwähnt ist. 
Österreich und Preußen gehörten nur für ihre innerhalb der alten Grenzen 
des Reichs gelegenen Gebiete dem Bunde an und behielten sich daneben ihre 
Stellung als europäische Mächte vor. Den Vmsttz, halte Österreich, -und 
dieser sicherte ihm die Möglichkeit, die Kriegsmittel des Bundes, insbesondere 
Preußens, für sein Interesse auszunutzen und doch zu verhindern, daß Preußen 
im Bunde zu Einfluß kam. Anderseits waren die Könige von England, 
der Niederlande und Dänemarks als Herrscher über Hannover, Luxemburg, 
Holstein und Lauenburg Mitglieder des Bundes. Der Bundestag in Frank- 
Atzler, Quellenstoffe u. Lesestücke. II.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.