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und verbrachte dort einige Jahre in angestrengter Arbeit. Wegen
tüchtiger geographischer Leistungen wurde er bei der Landesvermessung
beschäftigt und ward bald ein hervorragender Kartenzeichner und
Berichterstatter. Das hatte seine Ernennung zum Hauptmann und
feme Berufung in den Großen Generalstab zur Folge. Zwecks gründ-
licher Weiterbildung und um die militärischen Einrichtungen anderer
Länder eingehend zu studieren, nahm er einen sogenannten „Königs-
Urlaub' und begab sich zunächst in die Türkei. Dort lernte ihn der
türkische Kriegsminister kennen und schätzen, erwirkte ihm einen
längeren Urlaub, .wies ihm eine beratende Stellung im Kriegs-
Ministerium an und ordnete ihn bei einem bevorstehenden Feldzuge
dem türkischen Oberfeldherrn als Generalstäbler bei. So kam er an den
Euphrat und nach Ägypten und hatte die beste Gelegenheit, den
wirklichen Krieg kennen zu lernen. 1839 kehrte er nach Berlin zurück
und verarbeitete die gewonnenen Eindrücke zu seinen „Reisestudien"
und „Briefen über die Begebenheiten und Zustände in der Türkei in
den Jahren 1835—1839." Diese Arbeiten erregten Aufsehen und
sicherten die Zukunft des Verfassers. Einige Jahre später begleitete
Moltke den preußischen Prinzen Heinrich nach Rom und benutzte den
Aufenthalt in Italien in gleicher Weise zu Studien. Im Jahre 1848
wurde er Generalstabschef des IV. Armeekorps in Magdeburg, 1855
Generalmajor und Adjutant des nachmaligen Kaisers Friedrich, und
1857 Chef des Großen Generalstabes. Jetzt war der richtige Platz für ihn
gefunden. In dieser Stellung hat er alle jene Vorarbeiten aus-
geführt oder geleitet, von denen der gute Ausgang eines Feldzuges
abhängt. Hier wurde gesiegt, ehe die Truppen ausrückten. Die
Meisterschaft im Entwerfen der Kriegspläne offenbarte Moltke 1866,
1870/71. An großen Ehrungen fehlte es dem „Schlachtendenker" in diesen
ruhmvollen Jahren nicht: er wurde kurz nach dem Siegeseinzuge der
Truppen zum Feldmarschall ernannt, und bei wiederholten Gelegen-
Heiken ehrte ihn sein oberster Kriegsherr durch Ansprachen und Huld-
volle Handschreiben. Bis zum 88. Lebensjahre blieb er im Dienste
und war seinen Offizieren, dem gesamten Heere und dem ganzen
deutschen Volke ein hehres Beispiel an Bescheidenheit, rastloser Tätig-
keit, unbegrenzter Hingabe an Kaiser und Reich und jeglicher Tugend
echter Männlichkeit. Der im Jahre 1888 erfolgte Heimgang Kaiser
Wilhelms des Großen und der schnelle Tod des zweiten Deutschen
Kaisers hatten Moltkes Kräfte erschüttert; er erbat von Kaiser
Wilhelm II. den Abschied, weil er „bei seinem hohen Alter nicht mehr
ein Pferd zu besteigen'' vermöchte. Schweren Herzens willigte der
Kaiser ein; doch gänzlich wollte er seine bewährten Dienste nicht ent-
behren: der Kaiser ernannte ihn zum Vorsitzenden der Landes-
verteidigungs-Kommission. Große Ehren erwiesen ihm fein Kaiser,
die übrigen deutschen Fürsten und das deutsche Volk an seinem
90. Geburtstage. Moltke starb am 24. April 1891. Seine sterblichen
Reste ruhen neben denen seiner treuen Lebensgefährtin in einem
kleinen, tempelartigen Bau auf dem Gute Ereifau. Zu Häupten
der beiden Sarkophage erblickt man die Gestalt des segnenden
Heilandes, und an der Decke leuchten die Worte: „Die Liebe ist des
Gesetzes Erfüllung."
Roon. Albrecht von Roon wurde auf dem Gute Pleushagen
bei Dolberg am 30. April 1803 geboren. Er hat wegen der häufigen
Kränklichkeit seiner Eltern, des frühen Todes seines Vaters
und der harten Zeit, in die feine Jugend fiel, den Ernst des