Full text: Quellenbuch für den Geschichtsunterricht in Seminaren (Teil 3)

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kamen zu mir, viele Generale, die für die Detachements ihrer Regimenter 
Freiwillige m erhalten wünschten, beehrten mich mit ihrem Besuche, und ich 
hatte genug zu tun, um die jungen Leute, die alle in den Garde-Detachements 
dienen wollten, nur einigermaßen gleichartig zn verteilen, indem ich sie zu 
überreden suchte, sich an andre Bataillone anzuschließen, da die Garde-Detache- 
ments fast alle die gesetzmäßige Zahl erreicht hätten. Ich erhielt als begün¬ 
stigende Ausnahme die Erlaubnis, diese Zahl (irre ich nicht von zweihundert) 
um fünfzig zu überschreiten. 
Ein freundschaftlicher Wettstreit zwischen den Korps und den Detachements 
hatte sich erhoben. Das Lützowsche Korps bildete sich in Breslau und ganz 
in meiner Nähe. Jahn bewohnte den „Goldenen Zepter", einen Gasthof m 
der nämlichen Straße, wo ich wohnte. Wenige Häuser von mir entfernt 
war das Jahnfche Werbehaus sowie meine Wohnung, das für die Detachements. 
Es war natürlich, daß ein solches Freikorps etwas sehr Anziehendes für die 
Jugend hotte, das dichterisch Kühne konnte sich, wie man voraussetzte, hier 
entschiedener äußern. Es war die feurige Lyrik des Krieges, wie sie auch spater 
in Körners Gedichten erschien und in allen Gegenden Deutschlands die Ge¬ 
müter erregte. Gewiß, es war seine herrliche, durch seine sittliche Freiheit 
den ganzen Krieg veredelnde und stärkende Gesinnung, die durch die Bildung 
dieses Korps und seine spätern Taten laut wurde. Mein Alter wie meine 
Stellung hatten mir aber von vornherein geboten, einer entgegengesetzten Rich¬ 
tung zu huldigen und mich dahin zu wenden, wo die großen geordneten 
Massen, von trefflichen Heerführern geleitet, über das verhängnisvolle Schicksal 
der Völker zn entscheiden hatten. Erkannte ich in den Freikorps die leichte 
Lyrik des Krieges, so sollte sich hier dessen großartiges Epos entwickeln. Es 
war mir nicht schwer, der Jugend begreiflich zu machen, daß sie, in dem großen 
Heere dienend, den bedeutendsten Ereignissen näher trat. 
Aber bevor ich noch selbst ausgerüstet und uniformiert in die Reihen der 
Krieger trat, drängte sich mir ein andres Geschäft auf. Ich mußte nämlich 
für die Bekleidung der Freiwilligen des Detachements Sorge tragen. Die 
dazu nötigen Summen erhielt ich durch die freiwilligen Beiträge, die aus 
Breslau und aus allen Gegenden Preußens noch zuströmten. Es ist besannt, 
wie der Wetteifer, sich durch reichliche Gaben auszuzeichnen, in diesen Augen¬ 
blicken der Begeisterung keine Grenzen kannte. Der Geizige griff seine ängst¬ 
lich zusammengehäuften Schätze an, wer aber keine Summe zu bieten hatte, 
verkaufte Edelsteine, Gold- und SilbergerLte, und wie die Mütter die zärtlich 
geliebten Sohne, die bis jetzt mit ängstlicher Sorge gepflegt wurden, nicht 
feiten selbst bewaffneten und in den Krieg sendeten, so erschienen auch alle 
Menschen gehoben und geheiligt. Geringe und gemeine Gesinnungen wagten 
sich in diesen schönen Tagen kaum hervor. Ausgezeichnete Beamte stellten 
sich, als verstände es sich von selbst, in die Reihen der Gemeinen. Höher¬ 
gestellte schienen willig sich den Befehlen sonst Untergeordneter zu unterwerfen, 
wenn diese, durch frühern Dienst dazu befähigt, ihnen vorgesetzt wurden. Das 
Geben und Empfangen, das Schenken und Geschenktes annehmen schien seine 
sonstige Bedeutung völlig verloren zu haben. 
Der Staatskanzler hatte dem Hofrat Heun, sonst als Romanschriftsteller 
unter dem Namen Clauren bekannt, das Einsammeln, Verteilen, Berechnen 
und die öffentliche Bekanntmachung dieser Geldbeträge übertragen, und an 
ihn wandte ich mich, wenn ich die Handwerker bezahlen mußte, nie vergebens.
	        
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