Full text: Quellenbuch für den Geschichtsunterricht in Seminaren (Teil 3)

- 346 — 
7. Zwei Briefe Theodor Körners. 
K. Strecksuß, Th. Körners sämtliche Werke. 4 Bde. Berlin 1847. IV. Bd. S. 303 
und 317. 
Wien, ant 10. März 1813. 
Liebster Vater! Ich schreibe Dir diesmal tn einer Angelegenheit, die, wie 
ich das feste Vertrauen Hu Dir habe, Dich weder befremden noch erschrecken wird. 
Neulich schon gab ich Dtr einen Wink über mein Vorhaben, das jetzt zur Reife 
gediehen ist. — Deutschland steht auf; der preußische Adler erweckt in allen 
treuen Herzen durch seine kühnen Flügelschläge die große Hoffnung einer deutschen, 
wenigstens norddeutschen Freiheit. Meine Kunst seufzt nach ihrem Vaterlande — 
laß mich ihr würdiger Jünger sein! — Ja, liebster Vater, ich will Soldat 
werden, will das hier gewonnene glückliche und sorgenfreie Leben mit Freuden 
hinwerfen, um, „sei's auch mit meinem Blute, mir ein Vaterland zu erkämpfen. — 
Nenn's nicht Übermut, Leichtsinn, Wildheit! — Vor zwei Jahren hatte ich 
es so nennen lassen, jetzt, da alle Sterne meines Glückes in schöner Milde auf 
mich niederleuchten, jetzt „ist es bei Gott! ein würdiges Gefühl, das mich treibt, 
jetzt ist es die mächtige Überzeugung, daß kein Opfer zu groß sei für das höchste 
menschliche Gut, für seines Volkes Freiheit. Vielleicht sagt Dein bestochenes 
väterliches Herz: Theodor ist zu großem Zwecken da, er hätte auf einem andern 
Felde Wichtigeres und Bedeutendes leisten können, er ist der Menschheit noch ein 
großes Pfund zu berechnen schuldig. Aber, Vater, meine Meinung ist die: 
Zum Opfertode für die Freiheit und für die Ehre feiner Nation ist keiner zu 
gut, wohl aber sind viele zu schlecht dazu! —Hat mir Gott wirklich etwas mehr 
als gewöhnlichen Geist eingehaucht, der unter Deiner Pflege denken lernte, wo 
ist der Augenblick, wo ich ihn mehr geltend machen kann? — Eine große Zeit 
will große Herzen, und ich fühle die Kraft in mir, eine Klippe sein zu können 
in dieser Völkerbrandung, ich muß hinaus und dem Wogensturme die mutige 
Brust entgegendrücken. 
Soll ich in seiger Begeisterung meinen siegenden Brüdern meinen Jubel nach¬ 
leiern? — Soll ich Komödien schreiben aus dem Spotttheater, wenn ich den Mut 
und die Kraft mir zutraue, auf dem Theater des Ernstes mitzusprechen? — Ich 
weiß, Du wirst manche Unruhe erleiden müssen, die Mutter wird weinen! Gott 
tröste sie! Ich kann'sEuch nicht ersparen. Des Glückes Schoßkind rühmte ich mich 
bis jetzt, es wird mich jetzo nicht verlassen. — Daß ich mein Leben wage, das 
gilt nicht viel; daß aber dies Leben mit allen Blütenkränzen der Liebe, der 
Freundschaft, der Freude geschmückt ist, un.d daß ich es doch wage, daß ich die 
süße Empfindung hinwerfe, die mir in der Überzeugung lebte, Euch keine Unruhe, 
keine Angst zu bereiten, das ist ein Opfer, dem nur ein solcher Preis entgegen¬ 
gestellt werden darf. — Sonnabends oder Montags reise ich von hier ab, wahr¬ 
scheinlich in freundlicher Gesellschaft, vielleicht schickt mich auch H (nmboldt) als Kurier., 
In Breslau, als dem Sammelplatze, treffe ich zu den freien Söhnen Preußens, 
die in schöner Begeisterung sich zu den Fahnen ihres Königs gesammelt haben. 
Ob < zu Fuß oder zu Pferde, darüber bin ich noch nicht entschieden, und kommt 
einzig auf die Summe des Geldes an, die ich zusammenbringe. Toni (Körners 
Braut) hat mir auch bei dieser Gelegenheit ihre große, edle Seele bewiesen. 
Sie weint wohl, aber der geendigte Feldzug wird ihre Tränen schon trocknen. — 
Die Mutter soll mir ihren Schmerz vergeben; wer mich liebt, soll mich nicht 
verkennen, und du wirst mich Deiner würdig finden. Dein Theodor. 
Janer, den 30. März. 
Liebe Mutter! Eben erhalten wir die Nachricht, daß wir binnen acht Tagen 
vor dem Feinde stehen. Die Franzosen haben Dresden stark besetzt, machen
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.