Full text: Neue, speciell preußische Geschichte (Teil 3)

Die deutschen Freiheitskriege von 1813 bis 1815. 133 
Binde; trotzdem machte er nachts noch einen Reiterangriff, bei dem Napoleon fast 
gefangen wäre. — Am folgenden Morgen begann der Rückzug, gegen den Willen des 
Königs und feines tapfern Heeres. Die Verbündeten hatten den ganzen Tag mit 
70 000 gegen 130 000 gekämpft und 10 000 Mann, aber keine Kanone, keine Fahne 
verloren; dagegen hatte Napoleon 18 000 Mann an Toten oder Verwundeten, 5 Ka- 
nonen und 800 Gefangene eingebüßt. — Unter den Verwundeten war auch Scharn- 
Horst; er wollte sich nicht schonen, sondern reifte gleich nach der Schlacht nach Wien, 
um Ostreich znm Bündnis zu bewegen, starb aber auf der Reise zu Prag. 
Napoleon rückte nun in Dresden ein und zwang den König von 
Sachsen, der nach Prag gegangen war, zurückzukehren und sich ihm 
anzuschließen. Dadurch wuchs Napoleons Heer ans 170 000 Mann. 
Die Verbündeten standen mit ihrer Hauptmacht (83 000 Mann) bei 
Bautzen, nördlich von Dresden. Zwei Tage _(20. und 21. Mai)20 
rangen hier beide Heere mit einander; Napoleons Übermacht und Feld- 
Herrngabe behaupteten auch hier das Schlachtfeld, aber mit nicht größerem 
Erfolge, als bei Groß-Görscheu. Die Verbündeten verloren 8000 Mann, 
Napoleon das Doppelte. Als er vernahm, daß sein Heer weder Ge- 
fangene noch Kriegsbeute gemacht hatte, stampfte er mit dem Fuße und 
sprach: „Wie, nach einer solchen Schlächterei keine Erfolge? Nicht ein¬ 
mal den Nagel von einer Kanone lassen sich diese Preußen nehmen." 
So hatten die Verbündeten zweimal das Schlachtfeld räumen 
müssen, aber dennoch war ihr Mut gehoben: sie hatten sich ehrenvoll 
geschlagen. Napoleon nahm trotz seiner Siege einen angebotenen Waffen¬ 
stillstand auf 6 Wochen gern an. Die Nachricht von dem Waffen¬ 
stillstände wirkte in Preußen niederschmetternd, man fürchtete einen neuen 
schmachvollen Friedeu. Der König aber beruhigte das Volk und versicherte, 
derselbe sei nur abgeschlossen, damit die Verbündeten sich besser rüsten könnten 
und dem Feinde an Zahl gleich kämen. 
Der Waffenstillstand wurde für Hamburg und die Lützow'sche Freischar 
verderblich. Hamburg sollte demjenigen gehören, der es bis znm y. Juli besetzt 
habeu würde. Napoleon sandte seinen GeneralDavonst lspr. Dawn) ab; Hamburg 
verließ sich ans den in der Nähe stehenden Kronprinzen von Schweden, B ernad otte.^ 
Dieser aber that nichts für die Stadt, fie fiel in französische Hände, uud Davoust 
strafte fie für ihrat Abfall furchtbar: sie mußte 39 Mill. Mark Kriegssteuern zahle», 
Reiche uud Arme mußten ein halbes Jahr arbeiten, um die Hälfte der Stadt nieder¬ 
zureißen und Schanzen auszuwerfen. — Noch schlimmer erging es der Lützower 
Freischar. Dieselbe vereinigte in sich die edelsten Jünglinge Deutschlands, unter 
ihnen auch Theodor Körner, der Braut und Amt im Stich ließ und sein junges 
Leben dem Vaterlande opferte. Der Zweck dieser Schar war, die Begeisterung, 
welche in Preußen herrschte, auch in das übrige Deutschland zu tragen uud dem 
Feinde im Rücken Abbruch zn thnn. Beim Abschluß des Waffenstillstandes befand 
sichLützow in Baiern und konnte nicht schnell genug aus preußisches Gebiet gelange». 
Bei Leipzig ließ Napoleon die „Räuberschar" durch Württemberger unter General 
Normann überfallen und niederhauen. Lützow selbst mit nur 100 Reitern entkam, 
die übrigen (305) wurden niedergehauen oder gefangen. Körner' wurde vou zwei 
Kindern schwer verwundet in einem Walde aufgefunden. 
d. Großbeeren, Katzbach, Dresden. Während des Waffenstill- 
1 Bernadette, Sohn eines Advokaten, französischer Marschall, wurde 1810 
von dem kinderlosen Könige vou «schweben, Karl XIII., zum schwedischen Throufolger 
erklärt und folgte diesem 1818 als Karl XIV. Johann.
	        
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