162 Neue Geschichte.
Schon in der dritten Morgenstunde rückten die kampfbereiten Männer in die
Laufgräben, aus denen sie hervorbrechen sollten; zu gleicher Zeit begann das Geschütz-
feuer und steigerte sich allmählich zum furchtbaren Donner, der gegen 8 Uhr seinen
Höhepunkt erreichte.
Wenige Minuten vor 10 Uhr ordnen sich die zum Sturm bestimmten Kolonnen:
die Stunde schlägt, die preußischen Geschütze verstummen wie mit einem Schlage,
und ebenso rasch dringen die Sturm-Kolonnen aus den geöffneten Gräben, die
3—400 Schritt zu den Schanzen im Laufe zurücklegend. Die Trommeln wirbeln
in die Klänge der Feldmusik, die Gewehre knattern, von den Schanzen donnern die
dänischen Geschütze nieder, und aus der Ferne brüllen die Batterieen auf dem Broacker
den Angreifern ihren Beifall zu. Bald stehen die Preußen auf den erstiegenen
Schanzen, in wilden Wogen strömen Angreifer und Verteidiger heiß kämpfend durch-
einander; allein die alles bewältigende Tapferkeit der preußischen Sturm-Kolonnen
wirft und überwindet jeden Widerstand. Kurz nach 10 Uhr befinden sich sämtliche
angegriffene Werke in preußischer Gewalt. In unaufhaltsamem Sturmangriff dringen
die Preußen bis zur Höhe der Düppelmühle. Als sie hier eine wohlgeordnete dänische
Brigade empfängt, rücken neue Verstärkungen für sie heran, und die Dänen müssen
über die Mühlenhöhe zurück nach der Insel Alfen, während der „Rolf Krake" schwer
beschädigt von bannen dampft.
Die Verluste der Dänen waren sehr bedeutend, den Preußen war eine große
Anzahl Gefangener und reiche jßeute in die Hände gefallen, unter andern 43 Fahnen.
d. Fridericia; Alfen; Friede. Den Bemühungen Englands
war es endlich gelungen, eine Konferenz nach London zusammenzurufen,
um einen Waffenstillstand zu schließen. Man hätte wohl glauben sollen,
daß nach solchen Niederlagen der dänische Trotz endlich gebrochen gewesen
wäre; die Feinde zeigten indessen auch in London keine Lust, sich mit
den Verbündeten zu verständigen. Diese benutzten die Zeit, neue Erfolge
zu erzielen und betrieben deshalb zunächst die Belagerung der Festung
Fridericia mit Nachdruck. Es ging indessen hier wie bei den Dane-
werken: eines Morgens hatten die Dänen die Festung verlassen. Am
12. Mai kam endlich eine Waffenruhe zustande, welche vier Wochen
dauern und vor allen Dingen zu Friedensverhandlungen benutzt werden
sollte. Die Bedingungen des Friedens, welche Deutschland stellte, waren
auch jetzt noch mäßig und steigerten sich erst, als die Dänen in ihrem
Trotze beharrten, zu der Forderung, daß Schleswig-Holstein von
Dänemark getrennt werden solle. Da Dänemark diese Forderung
als eine unerhörte Zumutung zurückwies, nahm der Krieg seinen Fortgang.
Die nächste Unternehmung^ der verbündeten Armee, deren Oberbefehl jetzt
Prinz Friedrich Karl führte, richtete sich gegen Alfen. Die Haupt-
befestiguugen dieser Insel befanden sich an der, dem Festlande zugewandten
Seite, während der östliche Teil der Überwachung der Flotte anvertraut
blieb. Der Übergang nach Alsen geschah trotz hartnäckiger Verteidigung
am 29. Juni an der schmälsten Stelle des Alsensnndes in 160 Böten.
Die Nacht war dem Übergange günstig, weil die nebelige Witterung jede
Beobachtung vom entgegengesetzten Ufer unmöglich machte. Auch war der Wind
östlich und trug das unvermeidliche Geräusch nicht einmal nach der Insel hinüber.
Mit gespannter Aufmerksamkeit blickten die Zurückbleibenden den abstoßenden Böten
nach. Kaum waren dieselben von den Dänen erblickt, so blitzte drüben auch schon
der erste Schuß auf, und der dänische Allarm durchtönte die Nacht. Die Preußen
antworteten mit Hurra und ließen die Ruder, nun jeder Vorsicht überhoben, schneller
eingreifen. In einem Augenblicke war die Stille der Nacht dem furchtbaren Lärm
des Kampfgewühles gewichen. Als die Bewegung der preußischen Böte einen Augen-