Full text: Neue, speciell preußische Geschichte (Teil 3)

Peter der Große. 59 
Nun giugs gegen August II. Karl schlug ihn bei Riga, eroberte 
in den nächsten Jahren ganz Polen, setzte August II. ab und ließ einen 
polnischen Edelmann, Stanislaus Lescinsky, zum Könige von 
Polen wählen. (1704.) Dann ging er nach Sachsen und zwang 
August II., auf Polen zu verzichten und von dem Bündnisse gegen 
Schweden zurückzutreten. (1706.) Ein ganzes Jahr blieb er in Sachsen, 
ließ seine Truppen aufs beste verpflegen und neu kleiden; dann brach 
er gegen den wieder mächtig gewordenen Zaren auf. Karl wollte gerades 
Weges nach Moskau; durch Zureden eines Kosackenhauptmauns aber 
wandte er sich nach Süden in die Ukraine. Ungeheure Waldungen 
und wüste Strecken wechselten mit Morast; er fand hier weder die ver¬ 
sprochenen Hülfstruppen, noch Lebensmittel. Dazn trat die fnrchtbarste 
Kälte (des bekannten Winters von 1708 auf 1709) ein. Umkehren 
wollte Karl nicht; er rückte vor Pnltawa, die Hauptstadt der Ukraine, 
konnte aber die stark befestigte und gut verteidigte Stadt nicht erobern. 
Da eilte Peter mit einem Heere herbei und erfocht den glänzenden 
Sieg von Pultawa. (1709.) Karl warf sich in einen Wagen und 
eilte dem Dniepr zu, dann weiter nach der Türkei. 
Der Sultan nahm ihn gastfrei auf und ließ für ihn in Bender 
(am Dniestr) ein Lager errichten. Von Karl aufgereizt, erklärte er 
Rußland sogar den Krieg; als aber das russische Heer vollständig ein- 
geschlossen war, ließ sich der türkische Feldherr bestechen nnd machte 
Frieden; Peter brauchte nur Asow wieder herauszugeben. Karl tobte 
vor Wut, änderte damit aber nichts. Russen, Polen und Dänen fielen 
nun über die schwedischen Besitzungen her, während Kart jahrelang 
müssig in der Türkei saß und auf des Sultans Kosten lebte. Endlich 
forderte dieser Karls Abreise; der aber kehrte sich nicht daran. Da be¬ 
schloß der Sultan, ihn mit Gewalt zu vertreiben. (1713.) Zahllose 
Scharen umringten die Schweden, Kart setzte sich mit seinen Getreuen 
tollkühn zur Wehr, die Kanonen donnerten, und in kurzer Zeit waren 
die Walle erstiegen und die Schweden überwältigt. Der König aber 
schlug sich mit wenigen Leuten durch die dichten Reihen der Türken, die 
ihn schonen wollten, erreichte sein Haus, trieb die Türken, welche es 
schon besetzt hatten, hinaus, ließ die Thüren verrammeln und aus den 
Fenstern Feuer geben. Den Türken blieb weiter nichts übrig, als ans 
das Haus zu feuern; es geriet in Brand. Da stürzte sich der König 
mit den Seinen heraus, schoß erst seine Pistolen ab und hieb dann wie 
ein Wütender um sich. Aber mit seinen Sporen verwickelte er sich im 
Grase und fiel zu Boden. Nun wurde er entwaffnet und strenger bewacht; 
nur drei feiner Großen waren um ihn. Er verließ die Türkei aber noch 
nicht; erst als die Schweden mit Absetzung drohten, reiste er ab, vom 
Sultan noch reich beschenkt. Sobald er von der türkischen Begleitung 
befreit war, warf er sich aufs Pferd und jagte davon; nur ein Oberst 
begleitete ihn. In 14 Tagen legte er 286 deutsche Meilen zurück. In 
der ganzen Zeit hatte er seine schweren Reiterftiefet nicht ausgezogen; 
als er (am 22. November 1714) in Stralsund ankam, waren ihm die
	        
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