Full text: Für die 2. Klasse (H. 4)

54 C. Die Entwicklung Preußens zum Verfassungsstaat:c. 
suchte die Regierung durch den Eroberungskrieg in Algier die Erregung 
des Volkes abzulenken. Im Juli 1830 stürzte es in einem Ausstande 
die Bourbonen und setzte Louis Philipp von Orleans auf den Thron, 
der sich einer Änderung der Verfassung in liberalem Sinne fügte. 
«!berausmus Diese Bewegung beeinflußte die Nachbarländer. Das katholische, 
mehr romanische Belgien riß sich von dem protestantisch-germanischen 
Holland los, stellte eine freiheitliche Verfassung auf und wählte den 
Prinzen Leopold von Koburg zum König. Ein Aufstand in Polen wurde 
von den Russen niedergeschlagen. Unter der begeisterten Teilnahme 
Freiheitskampf Europas war es bereits 1829 den Griechen gelungen, das Türkenjoch 
d. Griechen 1829. abzuschütteln und ein Königreich zu begründen. 
§ 7ö. Tie Frage der nationalen Einheit in Teutschland. Das 
deutsche Volk hatte schließlich in völliger Einheit gegen Frankreich gekämpft. 
Die deutschen Fürsten aber hatten an der Wiederherstellung des alten 
deutschen Reiches, das ihre Selbständigkeit beschränken mußte, kein Jnter- 
esse. Auch Österreich blickte längst mehr nach Osten als nach Norden. 
Ihm lag nur daran, seinen Einfluß in Deutschland zu behalten und 
Preußen nicht zu mächtig werden zu lassen. Unter Metternichs Einfluß 
i8i5. schuf der Wiener Kongreß schließlich 1815 den Tentschen Bund, ein 
klägliches Machwerk, das in keiner Weise die Wünsche der Patrioten nach 
nationaler Einheit befriedigte. 39 deutsche Staaten schlössen einen losen 
Bundes- Staatenbund, dem auch nichtdeutsche Herrscher angehörten. Für 
Verfassung. £,atmooer^ daZ noch bis 1837 mit England verbunden blieb, gehörte der 
König von England, für Luxemburg der König der Niederlande, für 
Holstein der König von Dänemark dem Deutschen Bunde an. Die Ge- 
sandten der Bundesstaaten versammelten sich auf dem Bundestage in 
Frankfurt a. M. zu gemeinsamer Beratung, bei der Österreich den 
Vorsitz führte. Für alle wichtigen Angelegenheiten war Einstimmigkeit 
nötig. Die Glieder des Bundes sollten nicht gegen diesen oder gegen 
einander Krieg führen dürfen. In wirtschaftlicher, militärischer, diplo« 
matischer Beziehung usw. waren sie völlig selbständig. So war der 
Deutsche Bund von Anfang an zur Freude seiner Nachbarn in Ost und 
West zu völliger Machtlosigkeit verdammt. 
§ 76. Die Verfassnngsfrage. An eine gemeinsame deutsche Volks- 
Vertretung neben dem Bunde war unter diesen Umständen nicht zu denken. 
Verfassunflen So räumte der Wiener Kongreß wenigstens den Einzelstaaten das 
i.d.Einzelstaalen.^^^ ^ bereit Einrichtung ein. Er bestimmte: „In allen Bundesstaaten 
wird eine landständische Verfassung stattfinden". In der Tat gaben 
daraufhin einzelne deutsche Fürsten ihren Ländern Volksvertretungen, be- 
sonders in den süddeutschen Staaten, Bayern, Baden, Württem- 
berg. Mit Argwohn betrachtete Metternich dieses Vorgehen, mit Argwohn 
verfolgte er auch die Bestrebungen der studierenden Jugend, die noch 1815 
DeifS$ft8i8Ti5.en=m Jena die deutsche Burschenschaft gegründet hatte, um die Ideen
	        
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