17. Die späteren Kaiser. 87
und wurden von ihrem eigenen Volke ermordet. Nero übertraf alle seine Vorgänger
an Frevelmut und Grausamkeit Er wurde der Mörder seines Stiefbruders, semer
Mutter, seiner tugendhaften Gemahlin Octavia und seines Lehrers Seneka. Um
das seltene Schauspiel eines großen Brandes zu genießen und um die Stadt
nachher schöner wieder aufbauen zu können, ließ er Rom anzünden (64). Fast
die halbe Stadt wurde durch den furchtbaren Brand vernichtet-, um aber den Ver-
dacht von sich abzulenken, bezeichnete Nero die Christen, die schon damals in
Rom eine kleine Gemeinde bildeten, als die Brandstifter und ließ viele von ihnen
auf die grausamste Weise martern und hinrichten. Sie wurden in die Arena
geschleppt, wo sie von den wilden Bestien zetrissen und getötet wurden, oder man
band sie an Pfähle, bestrich sie mit Pech und zündete sie dann an. Nach dem
Brande ließ Nero die Stadt aufs prächtigste wieder aufbauen und errichtete sich
selbst einen großartigen Palast, das „Goldene Haus". Endlich brach ein Aufstand
gegen Nero aus. In dem Landhause eines Freigelassenen, zu dem er sich geflüchtet
hatte, fand der Kaiser durch eigene Hand sein Ende.
2. Die „guten" Kaiser. Nach Neros Tode stritten sich zunächst drei Kaiser
um den Thron und fanden dabei binnen Jahresfrist ihren Untergang. Da rief
das römische Heer, das um diese Zeit die Stadt Jerusalem belagerte, seinen Feld-
Herrn Vespasian zum Kaiser ans. Mit ihm begann eine bessere Zeit; denn Vespasian
war ettT~et>ler, trefflicher Fürst. Er führte während einer friedlichen Regierung
große Bauten aus, vor allem das große Amphitheater oder Kolosseum, das
87000 Zuschauer faßte. Die Fortführung des Krieges gegen die Juden überließ
er seinem ältesten Sohne Titus. Dieser eroberte die Stad't Jerusalem nach einer
Belagerung von vier Monaten im Jahre 70 n. Chr. Die jüdische Hauptstadt
wurde vollständig zerstört. Der prächtige Tempel ging in Flammen auf. Die Juden
mußten ihre alten Wohnstätten verlassen und wurden unter alle Völker der Erden
zerstreut. Titus feierte bei seiner Rückkehr in Rom einen glänzenden Triumphzug;
ihm zu Ehren wurde ein großer Triumphbogen, der sogenannte Tiinsbogen,
errichtet. — Titus, Vespasians Nachfolger, hat nur zwei Jahre lang regiert. Er
erhielt vom Senate den ehrenden Beinamen „Liebling und Wonne des Menschen-
geschlechts." Er betrachtete den Tag als verloren, an dem er niemanden eine
Wohltat erwiesen- Während seiner Regierung verschüttete am 24. August 79 n. Chr.
ein furchtbarer Ausbruch des Vesuvs die blühenden Städte Pompeji und
Herkulanum. Viele Tausende kamen durch den glühenden Aschenregen um.
Erst in neuerer Zeit hat man diese verschütteten Städte teilweise wieder bloß-
gelegt; sie bieten unserer Zeit ein Bild der griechisch-römischen Kultur. Auf Titus
folgte sein bösartiger Bruder Domitian, der nach fünfzehnjähriger Regierung
ermordet wurde. Unter ihm wurde der größte Teil Britanniens erobert Seine
höchste Blüte erreichte das Römische Reich unter den Kaisern Nerva, Trajan,
Hadrian. Anloninus Pius und Marc Aurel (96 —180 n. Shr)
3. Der Verfall des Reiches und das Ende des Weströmische» Reiches.
Vom dritten Jahrhundert n. Chr. zeigt sich im Römischen Reiche ein fortschreitender
Verfall. Die Soldaten herrschten, indem sie ihre Führer zu Kaisern ausriefen,
wieder absetzten und ermordeten, wenn sie ihnen mißliebig wurden. Meist nur
wenige Jahre, oft nur einige Monate saßen diese Soldatenkaiser auf dem
Throne. Oft herrschten mehrere Kaiser gleichzeitig in den verschiedenen Teilen des
Reiches. In unaufhörlichen Bürgerkriegen und Thronumwälzungen verzehrte das
Römische Reich seine Kräfte; es begann, eine allgemeine Zerrüttung der staatlichen
Ordnung einzureißen. Unter diesen Verhältnissen war es schwer, die Grenzen des
Reiches gegen die eben damals von neuem vordringenden Germanen im Westen,
und gegen die Perser (Parther) im Osten zu behaupten. In dieser trostlosen Zeit
fand das Christentum eine immer größere Verbreitung. Der Glaube an die
alten heidnischen Götter hatte seine Kraft verloren; immer größer wurde die Zahl
der Christen, vornehmlich unter den Armen und Bedrückten, aber auch unter den vor-
nehmeren Ständen. Die grausamsten Verfolgungen konnten es nicht ausrotten. Durch
Kaiser Konstantin den Großen endlich erhielt das Christentum Gleichberech-
tigung mit der alten Staatsreligion. Durch das berühmte Edikt von Mailand
313 wurde das Christentum dem Heidentum gleichgestellt. Konstantin begünstigte aus
politischen Gründen die Christen auf jede Weise, sodaß sich bald alle Hofleute und Staats-