Full text: Deutsche Geschichte (Teil 2)

326 94. Preußens Demütigung. 1806—1807. 
Hannoversche Domänen gab Napoleon als Geschenke an seine Gunst- 
lmge. Klagte jemand über den Druck der Fremdherrschaft, so büßte 
er die Klage mit schwerer Haft. Besoldete Knechte belauschten die 
Gesinnungen des Volks. Die Guillotine war in manchen Städten 
öffentlich zur Abschreckung aufgestellt, und mit ängstlichem Blicke be- 
trachtete der gutgesinnte Bürger das schwarze Gespenst. Die jungen 
Leute wurden ausgehoben, um den Feinden zu dienen. Die Siege der 
fremden Bedrücker mußten mit Orgelton und Glockenklana aefeiert 
werden. a 1 
4. Die Kontinentalsperre, a. Der Erlaß der Festlands- 
sperre Während Deutschland jetzt zu Füßen des französischen Er- 
oberers lag, war England, sein erbittertster Gegner, unbesiegt geblieben 
Da aber nach der Schlacht bei Trasalgar eine Landung in England 
oder ein weiterer Seekrieg unmöglich war, so suchte Napoleon, den 
verhaßten Gegner an seiner empfindlichsten Stelle, in seinem Handel, 
zu treffen und ihn so wirtschaftlich zu verderben. Im Jahre 1806 
hatte England für die ganze Küstenstrecke von Brest bis zur Elbe den 
Blockadezustand erklärt. In diesem unberechtigten Vorgehen fand Napoleon 
den Vorwand, einen vernichtenden Schlag gegen England zu führen. 
Am 21. November 1806 erließ er von Berlin aus eine Verordnung, 
durch welche er über England die Kontinentalsperre verhängte, 
d. h. die Absperrung des europäischen Festlandes, soweit die Macht 
Frankreichs reichte, gegen den englischen Handel. 
Die Hauptsätze der Festlandssperre. 1. Die britischen Inseln sind in Sperr- 
zustand erklärt. 
2. Jeder Handelsverkehr und jeder Briefwechsel mit den britischen Inseln ist 
untersagt. Infolgedessen sind die Briefe oder Pakete, welche nach England oder 
an einen Engländer gerichtet oder in englischer Sprache geschrieben sind, vom 
Postenlaufe ausgeschlossen und werden weggenommen. 
3. Jeder Engländer, von welchem Rang oder Stand er sei, der sich in den 
von unseren oder unserer Verbündeten Truppen besetzten Ländern betreffen läßt, 
wird als Kriegsgefangener erklärt. 
4. Jedes Magazin, jede Ware, jedes Eigentum irgend welcher Art, das einem 
englischen Untertan gehört, wird weggenommen. 
5. Der Handel mit englischen Waren ist verboten, und jede Ware, die Eng- 
land gehört oder aus seinen Fabriken und Kolonien stammt, wird weggenommen. 
6. Die Hälfte des Ertrags aus der Wegnahme der vorbezeichneten Waren 
und Elgentumsgegenstände wird verwendet werden zur Entschädigung der Geschäfts- 
lente für die Verluste, die sie durch Wegnahme der von englischen Kreuzern ge- 
raubten Handelsschiffe erlitten haben. 
7. Kein Fahrzeug, das unmittelbar aus England oder aus den englischen 
Kolonien kommt oder dort seit Veröffentlichung dieser Verordnung gewesen ist, wird 
in irgend einem Hafen aufgenommen. 
8. Alle Fahrzeuge, welche zuwiderhandeln, werden weggenommen. 
Diese Verordnung sollte in allen von Frankreich abhängigen 
Staaten zur Ausführung gebracht werden. Im Tilsiter Frieden 
mußten auch Rußland und Preußen die Kontinentalsperre annehmen. 
Es galt noch, dieselbe in ganz Europa durchzuführen, um den Handel 
und Reichtum und dadurch auch die Macht Englands an der Wurzel 
zu vernichten; diesem Zwecke dienten die napoleonischen Gewalttaten 
der nächsten Jahre.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.