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den seine Wunde sehr schmerzte, aufs Roß. Die Franken zogen noch
Worms; Walthari und Hildegunde aber ritten zu ihren Eltern. Dort
vermählten sie sich, und nach seines Vaters Tode regierte Walthari noch
dreißig Jahre seine Länder mit Glück und Segen.
§ 16. Die Nibelungen.
1. Siegfried. Zu Tanten am Niederrhein herrschte König Siegmund
mit seiner Gemahlin Siegelinde. Ihr einziger Sohn Siegfried roar ein
mutiger, tatendurstiger Knabe, herrlich an Körper und Geist. Kaum war
er herangewachsen, so zog er auf Abenteuer aus. Einst traf er auf seiner
Wanderung einen Drachen, den er nach hartem Kampf erschlug. Dann
badete er sich in dem Drachenblut. Da wurde seine Haut so hart wie Horn
und unverwundbar gegen Stich und Hieb. Doch fiel ihm während des
Bades ein Lindenblatt zwischen die Schultern. So wurde diese Stelle nicht
von dem Blute benetzt und blieb deshalb verwundbar. Ein andermal
kam Siegfried in das Reich der Nibelungen. Die beiden Könige des
Landes waren eben bei der Teilung ihres unermeßlichen Schatzes. Da sie
sich nicht einigen konnten, wählten sie Siegfried zum Schiedsrichter. Ob-
gleich er den Schatz gerecht verteilte, waren sie doch unzufrieden und
schmähten ihn heftig. Es kam zum Kampfe, in diesem erschlug Siegfried
sie und einen Teil ihrer Mannen. Nun wollte der starke Zwerg Alberich,
der Hüter des Schatzes, seinen gefallenen Herrn rächen. Doch Siegfried
besiegte auch ihn und nahm ihm seine Tarnkappe weg. Das war eine
unsichtbar machende Kappe, die große Kraft verlieh. Alberich mußte
schwören, daß er den Schatz für Siegfried, den neuen Herrn der Nibelungen,
getreulich verwalten wolle. Nach solchen und anderen kühnen Taten kehrte
Siegfried in seine Heimat zurück.
2. Kriemhilde. Um dieselbe Zeit lebte zu Worms im Burgunder:-
lande eine schöne Maid, namens Kriemhilde. Ihr ältester Bruder
Günther war König im Lande; zur Seite standen ihm zwei jüngere
Brüder Ger not und Giselher und sein Oheim, der grimmige Hagen.
Still und sittsam lebte Kriemhilde daheim unter der Obhut ihrer Mutter.
3. Siegfrieds Werbung um Kriemhilde. Von Kriemhildes Schön¬
heit und Tugend hörte Held Siegfried, und er beschloß, um die Jung¬
frau zu werben. Mit zwölf wackeren Gefährten ritt er nach Worms. Dort
fand er ehrenvolle Aufnahme. Ein volles Jahr verweilte.sk schon in Worms,
ohne Kriemhilde nur einmal zu sehen. Da sagten wachsen und Dänen
den Burgunden den Krieg an. Durch Siegfrieds heldenmütige Tapferkeit
wurden sie besiegt und ihre Könige gefangen genommen. Nach der Rück¬
kehr in die Heimat veranstalteten Kriemhildes Brüder ein Siegesfest.
Bei diesem sah Siegfried die holde Jungfrau zum ersten Male, und er
gestand ihr seine Liebe.