Full text: Vom ersten Auftreten der Germanen bis zum Beginn des Dreißigjährigen Krieges (Teil 1)

§ 24. Ludwig der Deutsche. Karl der Dicke u. s. w. ßl 
weise den Hunnen glichen, so war ihnen auch das Rauben und 
Plündern ein Bedürfnis. In zügellosen Schwärmen ergossen sie sich 
über die benachbarten Gebiete und wurden bald auch auf längere 
Zeit die Geißel Deutschlands. Nur ein König mit eisernem Willen 
und tatkräftiger Hand hätte der Gefahr begegnen können. Anstatt 
eines solchen aber., gelangte ein 6 jähriger Knabe, der Sohn Arnulfs, 
5. Ludwiy das Kind (899—911) auf den deutschen Thron. 
Der Erzbischof Hatto von Mainz führte für den unmündigen 
Monarchen die Regierung. Eine jammervolle Zeit brach an. Jedes 
Jahr fielen die Magyaren aus ihren behenden Rossen in Deutschland 
ein und erfüllten durch barbarische Zerstöruugs- und Plünderungslust 
das Land mit verwirrendem Schrecken. Am meisten hatten Satzern, 
Sachsen und die thüringische, Gaue zu leiden. Zwar stemmte sich 
907 der tapfere Markgraf von der Ostmark, Luitpold der Schire, 
der Stammvater des Hauses Wittelsbach, der vordringenden Flut ent¬ 
gegen; allein er wurde (wahrscheinlich an der Enns) gesckilayen und 
verlor das Leben. (Gedicht: Herzog Luitpolds Tod in der Schlacht 
an der Euusburg, von Beck.) Zu der äußeren Not gesellten sich 
innere Wirren. Die Großen das Reiches erhoben sich, lockerten die 
Bande, die sie an den König knüpften und strebten nach Unabhängigkeit. 
In verschiedenen Gegenden tobten wilde Fehden und vermehrten die 
allgemeine Unsicherheit, so daß man an das Salomonische Wort erinnert 
wurde: „Wehe dem Lande, dessen König ein Kind ist!" Mitten in 
den Unruhen und Stürmen der Zeit starb Ludwig das Kind. Mit 
ihm erlosch das Geschlecht der deutschen Karolinger (9LI). 
6. In der letzten Zeit der Karolinger hatte sich eine bedeutsame 
Veränderung in der inneren Gestaltung Deutschlands vollzogen. Bei 
den Sachsen, Bayern, Franken, Schwaben (Alemannen) und Lothringern 
war das alte Stammesbewußtsein wieder erwacht und mächtig 
geworden und aufstrebende Geschlechter (in Sachsen die Ludolfiuger, 
in Bayern die Luitpoldinger, in Franken die Konradiner) 
hatten sich unter Benutzung dieser Regungen zu Herzogen (Volks¬ 
herzogen) emporgeschwungen. Und so gewährte das Reich am Ende 
der Karolingerzeit nicht mehr das Bild der Einheit; es zerfiel in die fünf 
Herzogtümer: Sachsen, Franken, Bayern, Schwaben und Lothringen. 
Bei dem lockeren Zusammenhang, der unter den einzelnen Stämmen 
herrschte, bestand die Möglichkeit, daß das Reich sich auflöse und eine 
Beute der auswärtigen Feinde werde. Glücklicherweise aber hatten 
die einflußreichen Großen des Landes, bei denen der Reichsgedanke 
doch noch die Sonderbestrebungen überwog, ein offenes Auge für diese 
Gefahr. Sie versammelten sich daher, namentlich die Sachsen und 
Franken, in Forchhdm und beschlossen, dem Reiche wieder ein Ober¬ 
haupt zu gebemSpT Weiht fiel auf 
Ludwig das Kind 
899—911. 
Die Volks¬ 
herzogtümer.
	        
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