•250
25. Die Reformation in Frankreich und Heinrich IV. 1589—1610.
1. Rückblick auf die französische Geschichte.
Eine eigentliche französische Geschichte gibt es erst seit dem Vertrage von
Verdnn (843). Die Karolinger, die Nachfolger Karls des Großen, beherrschten
Frankreich bis zum Jahre 987. Nach ihnen kam das Geschlecht der Capetinger
zur Regierung, es hatte den Thron bis zum Jahre 1328 iune. Zu den Capetingern
gehörten Philipp II. August und Ludwig IX.; beide beteiligten sich an
der Eroberung des Heiligen Landes. Philipp IV., der Schöne, suchte die königliche
Gewalt zu erweitern; er brach die Macht der französischen Großen, löste den
Templerorden auf, bereicherte durch dessen Besitzungen die Krone und nötigte
den Papst, seinen Sitz von Rom nach Avignon zu verlegen. Mit seinen Söhnen
starben die Capetinger aus. Nun bestieg das Haus Valois den französischen
Königsthron. Da auch Eduard III. von England Erbansprüche erhob, entbrannte
bald ein Krieg, der über hundert Jahre Frankreichs Fluren verwüstete. Nach
wechselvollen Kämpfen eroberten die Engländer alles Land bis zur Loire; sie
belagerten Orleans, um auch Südfrankreich ihrer Herrschaft zu unterwerfen.
Es schien alles verloren zu sein. Da trat plötzlich ein einfaches Landmädchen auf;
sie hieß Johanna d'Arc, stammte aus dem Flecken Domremy und gab an,
von Gott den Auftrag erhalten zu haben, das Vaterland zu retten. Voll Mut
und Siegeszuversicht stellte sie sich an die Spitze des französischen Heeres, entsetzte
Orleans und führte den König Karl VII. zur Krönung nach Reims. Bald
darauf fiel jedoch die Jungfrau von Orleans den Engländern in die Hände, die
sie als Zauberin zum Tode verurteilten und auf dem Marktplatze zu Ronen ver¬
brannten. Das Kriegsglück blieb aber den Franzosen treu; sie schlugen die Engländer
und eroberten alles Land bis auf die Festung Calais zurück. Die Nachfolger KarlsVII.
suchten ihr Reich noch mehr zu erweitern; sie kämpften mit dem Haufe Habsburg
um den Besitz von Burgund, Mailand und Neapel.
2. Die Reformation in Frankreich.
Die Reformation fand schon frühzeitig in Frankreich Eingang. Ihre Anhänger
bekannten sich zur Lehre Calvins und wurden Hugenotten genannt. Trotz der
Verfolgungen, die vom Königtum ausgingen, wuchs ihre Zahl immer mehr.
Selbst die Bourbon en, ein Zweig des Herrschergeschlechtes, die das kleine fran-
zöfische Königreich Navarra besaßen, waren der neuen Lehre zugetan. Auch der
berühmte Admiral Coligny bekannte sich öffentlich zur Reformation. Da
suchten die Katholiken, die in dem Herzog von Lothringen, Franz von Gnife,
einen energischen Führer hatten, das Anwachsen und die Ausbreitung der neuen
Lehre zu verhindern. Eines Sonntags ließ der Herzog in dem Orte Vassy
die Hugenotten bei der Abhaltung ihres Gottesdienstes stören; es entspann sich
ein Streit, der mit der Ermordung vieler Calvinisten endigte.
Das Blutbad zu Vassy war der Anfang der schrecklichen Religionskämpfe,
die über dreißig Jahre dauerten und Frankreich in das tiefste Elend stürzten.
Anfangs hatten die Hugenotten unendlich zu leiden; als sie aber einige Erfolge
errangen, schloß die Königin Katharina, die aus dem italienischen Hause