Die Städte. Die Kaufleute in den Städten waren immer
reicher geworden. Sie beteiligten sich am Bergbau und an der
Ausnutzung von Salinen, an Papierfabriken, am Buchdruck und
am Buchverlag; daneben trieben sie Großhandel wie früher und
entwickelten das Geldgeschäft in seinen verschiedenen Arten, machten
Pfand-, Wechsel-, Depositen- und Girogeschäfte. Seit den ersten
Jahrzehnten des 15. Jahrhunderts wurde es gebräuchlich, daß sie zu
großen Unternehmungen sich zusammenschlossen, also Handelsgesell¬
schaften bildeten. Denn sie erkannten, daß sie bei gemeinschaft¬
licher Verwendung ihrer Kapitalien auch verhältnismäßig einen
größeren Gewinn erzielten, als wenn jeder allein Handel trieb. Eine
Fundgrube unerhörten Reichtums für den Großkaufmann und eine
wahre Plage für die Nation wurde die Ringbildung. Einige Kauf¬
leute taten sich zu einem Ringe zusammen, kauften alle Waren der¬
selben Gattung auf, wie Goldbrokate, Sammet, Seide, Gewürze,
Kurzwaren, Leder, Korn, und verkauften diese Waren wieder zu
einem verabredeten hohen Preise.
Während die Kaufleute reicher wurden, bildete sich auch eine
wohlhabende Klasse unter den Handwerkern. Diese reicheren Hand¬
werker schlossen sich kastenartig gegen die übrigen ab. Die Zahl
der Meisterstellen wurde beschränkt; die Meisterkinder wurden von
vornherein als künftige Meister angesehen und bevorzugt. Es
wurden auch hier Ringe gebildet, um die Warenpreise zu steigern.
In Nürnberg mußten städtische Brauereien begründet werden, weil
die Brauerzunft die Preise für das Bier gar zu sehr in die Höhe
schraubte.
Bisher war die Gesellenzeit nur eine Durchgangszeit zum
Meistertum gewesen, und dementsprechend hatte jeder Meister im
allgemeinen nicht mehr als einen Gesellen beschäftigt. Aber jetzt
wurden viele Meister kleine Unternehmer und hielten zwei, drei,
ja fünf und mehr Gesellen. So war nicht mehr daran zu denken,
daß jeder Geselle einmal Meister werden konnte, und die Gesellen
wurden zu einem besonderen Stand, einem Stande von Hilfsarbeitern.
Aber nicht bloß machte sich der Unterschied zwischen reich
und arm unter den Handwerkern immer mehr bemerkbar; es gab
auch sonst innerhalb der städtischen Bevölkerung viele Arme. Der
Tagelohn der Maut-, der Wage- und der Meßbeamten, sowie der
Saumtierführer war im 15. Jahrhundert immer geringer geworden;
auch der landbauende Teil der städtischen Bevölkerung war zurück¬
geblieben, und endlich waren viele Arme unter den Zugewanderten.
Natürlich waren alle diese Armen mit der Entwicklung der städtischen
Verhältnisse unzufrieden. Sie verlangten Schutzmaßregeln gegen das
übermäßige Anwachsen des Vermögens, Aufhebung oder Umbildung
der Zünfte und vor allem Teilnahme am Regiment der Stadt, von
welchem sie ausgeschlossen waren. Nicht selten kam es in den
Städten bei dem gespannten Verhältnis zwischen arm und reich zu
blutiger Gewalttat.
Die Bauern. Eine ebenso große Unzufriedenheit wie unter
der armen städtischen Bevölkerung herrschte unter den Bauern. Die