Full text: Geschichtliches Lesebuch

ein sehr ausgedehnter Güterbesitz in den Händen schwedischer Adels¬ 
familien befand. Denn während des Krieges war eine Flut von vor¬ 
nehmen schwedischen Familien in die herzoglichen Güter von Pommern 
und die geistlichen Güter von Bremen und Verden eingebrochen; mit 
verschwenderischer Hand hatte die im Namen der Königin Christine 
herrschende Adelsgesellschaft ihre eigenen Verdienste zu belohnen 
gewußt. 
Grenzregulierung in Pommern. Nun hatte man auf 
dem westfälischen Friedenskongreß die Grenze zwischen Vor- und 
Hinterpommern nicht genau festgelegt, vielmehr den beiden beteiligten 
Mächten anheimgegeben, sich über die genaue Begrenzung ihrer Ge¬ 
biete friedlich zu vereinbaren. Die Folge davon war, daß ein Streit 
zwischen Brandenburg und Schweden ausbrach, welcher auf beiden 
Seiten mit Eifer und Zähigkeit geführt wurde. Der junge branden- 
burgische Kurfürst, Friedrich Wilhelm I., wollte sich durchaus nicht 
von der Mündung des großen Stromes abdrängen lassen, der das weite 
und wichtige Handelsgebiet bis nach Schlesien und Großpolen hin 
aufschloß. Aber da er von dem Reichstage im Stiche gelassen wurde, 
mußte notwendig die schwedische Übermacht den Sieg davontragen, 
und schließlich wurde der Kurfürst weit von der Oder hinweggedrängt. 
Erst 1651 war die Angelegenheit geregelt, und die Schweden, welche 
bis dahin Hinterpommern noch besetzt hielten, hätten nunmehr das 
Land räumen müssen. Aber da eine neue Streitfrage aufgetaucht war, 
verzögerte sich die Räumung Hinterpommerns noch i1/2 Jahre. 
Die Seezölle in den Ostseehäfen. Die schwedische 
Regierung nahm nämlich für sich das Recht in Anspruch, in allen 
Häfen Pommerns und Mecklenburgs Seezölle erheben zu dürfen. Bran¬ 
denburg und Mecklenburg vertraten dagegen die Ansicht, daß der 
schwedischen Regierung dieses Recht auf dem Westfälischen Frieden 
selbstverständlich nur für diejenigen Seeplätze übertragen worden, 
welche an Schweden abgetreten seien. Sie konnten geltend machen, 
daß in Osnabrück sogar die schwedischen Staatsmänner diese Deu¬ 
tung für selbstverständlich erklärt hatten. Aber der Buchstabe der 
Friedensurkunde sprach in der Tat für den schwedischen Anspruch, so 
ungeheuerlich derselbe erscheinen mochte, und die schwedischen Staats¬ 
männer hielten zäh an dem Wortlaut der Urkunde fest, besonders 
darum, weil sie meinten, daß der Kurfürst möglicherweise durch 
niedrigere Zölle den Verkehr von den schwedisch-pommerschen Häfen 
in die Häfen der hinterpommerschen Küste lenken könne. Ein erfolg¬ 
reicher Widerstand war für Brandenburg allein unmöglich. Kurfürst 
Friedrich Wilhelm bemühte sich darum, den kaiserlichen Hof für seine 
Sache zu gewinnen. Er bat, der Kaiser möge sich weigern, die Schwe¬ 
den mit ihren deutschen Besitzungen zu belehnen, und er möge ihnen 
Sitz und Stimme auf dem deutschen Reichstage versagen, bis die Zoll¬ 
angelegenheit im Sinne Brandenburgs erledigt sei. Da bei der beab¬ 
sichtigten Wahl eines Nachfolgers die Kurstimme Brandenburgs dem 
Kaiser unentbehrlich war, wollte der letztere auf die Wünsche des 
Kurfürsten eingehen. Aber inzwischen hatte man sich auch in Schwe¬ 
den zu einem entgegenkommenden Schritte entschlossen, indem man 
Stoll, Geschichtliches Lesebuch II. Teil.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.