Full text: Geschichtliches Lesebuch

mütigen Schweizer und Niederländer! Große Opfer werden von allen 
Ständen gefordert werden, denn unser Beginnen ist groß, und nicht 
gering die Zahl und die Mittel unserer Feinde. Ihr werdet jene lieber 
bringen für das Vaterland, für euren angeborenen König, als für 
einen fremden Herrscher, der, wie so viele Beispiele lehren, eure Söhne 
und letzten Kräfte Zwecken widmen würde, die euch ganz fremd sind. 
Vertrauen auf Gott, Ausdauer und der mächtige Beistand unserer 
Bundesgenossen werden unsern redlichen Anstrengungen siegreichen 
Lohn gewähren. Aber welche Opfer auch von einzelnen gefordert 
werden mögen, sie wiegen die heiligen Güter nicht auf, für die wir 
sie hingeben, für die wir streiten und siegen müssen, wenn wir nicht 
aufhören wollen, Preußen und Deutsche zu sein. Es ist der letzte 
entscheidende Kampf, den wir bestehen für unsere Existenz, unsere 
Unabhängigkeit, unsern Wohlstand. Keinen ändern Ausweg gibt es 
als einen ehrenvollen Frieden oder einen ruhmvollen Untergang. Auch 
diesem würdet ihr getrost entgegengehen, weil ehrlos der Deutsche 
nicht zu leben vermag. Allein wir dürfen mit Zuversicht vertrauen. 
Gott und unser fester Wille werden unserer gerechten Sache den Sieg 
verleihen, mit ihm einen sichern glorreichen Frieden und die Wieder¬ 
kehr einer glücklichen Zeit.“ — 
Eine neue Zeit schien sich anzukündigen. Die Fürsten und 
ihre Berater, deren Kraft im Kampfe gegen Napoleon nicht aus¬ 
gereicht hatte, wandten sich jetzt hilfesuchend an die Völker. In 
diesen Tagen äußerster Not empfanden Fürst und Volk wieder, 
daß sie zusammengehörten. 
Am selben Tage, an welchem der König seinem Volke mit¬ 
teilte, daß er zum Kriege entschlossen sei, verkündigte er auch die 
Errichtung der Landwehr. „Mein getreues Volk“, sprach er, ,,wird 
in dem letzten entscheidenden Kampf für Vaterland, Unabhängigkeit, 
Ehre und eigenen Herd alles anwenden, den alten Namen treu zu 
bewahren, den unsere Vorfahren einst mit ihrem Blute erkämpften. . . 
Meine Sache ist die Sache meines Volkes und aller Gutgesinnten in 
Europa“. Die Landwehr (Fußvolk und Reiterei) sollte aus denjenigen 
wehrhaften Männern zwischen 17 und 40 Jahren gebildet werden, 
welche noch nicht einem Truppenkörper angehörten. Alle Männer 
jenes Alters sollten in dem Kreise, dem sie angehörten, Zusammen¬ 
kommen; der Zweck der Einrichtung wurde ihnen in wenigen kräftigen 
Worten vorgestellt, und die Freiwilligen wurden vorgerufen. Was 
dann noch an der nötigen Mannschaft fehlte, sollte durch das Los 
ausgehoben werden. Die Bekleidung sollte einfach und der Gesund¬ 
heit zuträglich sein; eine Litewka von blauem oder schwarzem Tuche, 
weite leinene Hosen und eine Tuchmütze bildeten die Uniform. An die 
Mütze des Landwehrmannes war ein Kreuz von weißem Blech geheftet 
mit der Inschrift: „Mit Gott für König und Vaterland“. Das Fußvolk 
der Landwehr war jederzeit in drei Gliedern aufgestellt: das erste Glied 
war mit Piken, die beiden anderen waren mit Flinten bewaffnet. Die 
Landwehrreiter trugen eine Ulanenpike, einen Säbel und eine Pistole. 
Auch diejenigen, welche noch nach Errichtung der Landwehr 
übrig blieben, sollten im Notfall zum Dienst für das Vaterland
	        
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