Full text: Geschichtliches Lesebuch

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gegen. In St. Peters Dome feierte er das Osterfest mit großer Pracht. 
Darauf eroberte er Pavia, schickte den König Desiderius ins Kloster 
und setzte sich die eiserne Krone*) der Lombarden aufs Haupt. 
Als später Aufstände gegen die Frankenherrschaft ausbrachen, kam 
Karl zum zweiten und dritten Male nach Italien, stellte die Lom¬ 
barden unter Grafen und führte die fränkische Gerichts- und Heeres¬ 
verfassung auch hier ein. — 
Von ihren Wohnsitzen in Österreich-Ungarn aus unternahmen 
die Avaren verheerende Züge nach Deutschland und Italien hinein. 
Karl zog gegen sie und drang in einem Zuge, ohne erheblichem 
Widerstande zu begegnen, bis zur Raab vor. Darauf mußte er 
zurückkehren, um einen Aufstand der Sachsen niederzuwerfen; aber 
Karls Sohn Pippin vollendete die Eroberung des Landes. Von da 
ab war es mit der Macht der Avaren zu Ende. Noch ein Menschen¬ 
alter hörte man von den Resten des avarischen Volkes; dann ver¬ 
schwand es spurlos. Aus dem Lande zwischen Enns und Raab 
schuf Karl die avarische Mark; dieselbe wurde vornehmlich von 
bayrischen Ansiedlern besetzt. 
Das ganze Gebiet im Osten von Elbe, Saale und Böhmerwald 
war nach der Völkerwanderung von heidnischen Slaven besiedelt 
worden oder von Wenden, wie unsere Vorfahren sie nannten. Karl 
führte auch mit diesen Kriege und versuchte, sie in den fränkischen 
Kirchen- und Reichsverband einzugliedern. Damit begann er die 
Zurückgewinnung des einst deutschen Ostens, eine Arbeit, welche 
unser Volk noch Jahrhunderte lang beschäftigen sollte. Zum Schutze 
seines Reiches gegen die Slaven legte Karl Burgen und Grenzmarken 
an. Solche Burgen waren Halle an der Saale, und an der Elbe 
Magdeburg und Büchen. 
Die Kaiserkrönung. Karl beherrschte jetzt ein gewaltiges 
Reich. Es umschloß alle germanischen Stämme außer den Angel¬ 
sachsen und den noch heidnischen Normannen. Zugleich hatte Karl 
die wichtigsten Länder des weströmischen Reiches wieder vereinigt. 
Die ersten Städte des alten Reiches waren in seinem Besitze, Rom 
selbst erkannte seine Macht an. Eine wahrhaft kaiserliche Macht 
war erworben. Es fehlte nur noch der kaiserliche Name. 
Im Frühlinge des Jahres 799 war der Papst Leo III. bei einer 
Prozession überfallen, schwer mißhandelt und in ein Kloster einge¬ 
sperrt worden. Er entkam jedoch und flüchtete sich über die Alpen 
zu Karl, um diesen um Hilfe zu bitten. Er fand Karl in Paderborn, 
erhielt die Zusage, daß Karl ihm helfen wolle, und versprach dafür, 
Karl als Kaiser anzuerkennen. Karl ließ Leo zurückführen und zog 
im Herbste des folgenden Jahres mit einem stattlichen Heere selber 
nach Rom, um die gegen den Papst erhobenen Anklagen zu unter¬ 
suchen und Gericht über die Aufrührer zu halten. Ende November 
kam er dort an und wurde von Leo III. feierlich empfangen. Da 
niemand die gegen den Papst erhobenen Beschuldigungen erweisen 
wollte, und die Bischöfe sich weigerten, Gericht über ihn zu halten, 
, „ *) Im Innern der Krone befand sich ein schmaler eiserner Reif, angeblich aus einem Nagel 
des Kreuzes Christi. '
	        
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