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feindlichen Heere aus einem Hinterhalte in den Rücken zu fallen,,
und alsbald entstand in den Reihen Heinrichs und Gieselberts Ver¬
wirrung. Als einige Sachsen das merkten, riefen sie in französischer
Sprache: „Flieht! fliehtI Rette sich, wer kann I“ Da meinten die
Lothringer, alles sei verloren, und wandten sich zur Flucht. Viele
wurden getötet, und die übrigen gerieten in Gefangenschaft.
Bei Andernach errang Otto einen noch größeren Vorteil. Die
Herzöge Eberhard und Gieselbert befanden sich auf dem Rückzuge
vor Otto. Den größten Teil ihres Heeres hatten sie schon über den
Rhein gebracht; nur sie selbst waren noch, von wenigen Leuten
begleitet, diesseits des Flusses. Da wurden sie, nachdem sie ihre
Mahlzeit eingenommen hatten, von zwei Grafen aus dem Heere Ottos
beim Brettspiel überrascht, und es entspann sich ein hartnäckiger
Kampf. Eberhard wehrte sich tapfer; aber er empfing Wunde auf
Wunde, bis er endlich zusammensank und seinen Geist aufgab.
Gieselbert ergriff die Flucht und warf sich mit mehreren anderen in
einen Kahn; doch der Kahn war überfüllt und sank, und Gieselbert
ertrank in den Fluten des Rheins.
Ob sich die Sache im einzelnen so zutrug, ist zweifelhaft. Jeden¬
falls errang bei Birthen eine kleine Zahl, die für die Sache des
Königs focht, einen glänzenden Sieg über die feindliche Übermacht,
und bei Andernach verloren Eberhard und Gieselbert das Leben.
Darauf schien es Heinrich geraten, die Waffen niederzulegen. Er
unterwarf sich dem Bruder, und Otto verzieh ihm, ja später belehnte
er ihn auf Bitten ihrer Mutter mit dem Herzogtum Bayern.
Ausdehnung der deutschen Macht. Lange Jahre wurde
unter Otto dem Großen gegen die heidnischen Nachbarn im Osten
und Norden gekämpft. Otto nahm selber an diesen Kriegen teil;
aber das meiste taten seine Heerführer.
Gegen die Wenden zwischen Elbe und Oder, welche häufig
Einfälle in das christliche Sachsenland gemacht hatten, drangen Her¬
mann Billing und Gero vor, Gero von der mittleren, Hermann Billing
von der unteren Elbe aus. Es waren harte Kämpfe. Denn die
Wenden konnten, wenn es sein mußte, unsägliche Beschwerden
ertragen. Aber sie verstanden es nicht zusammenzuhalten; jeder
wollte tun, was ihm beliebte und ihm nützte. So mußten sie zuletzt
doch, so tapfer sie für ihre Freiheit kämpften, dem Schwerte Geros
und Hermanns unterliegen. Aus den unterworfenen Gebieten wurden
Marken gebildet; Gero wurde Markgraf im Süden, Hermann im Norden.
Auch Herzog Heinrich von Bayern breitete die Macht des jungen
Reiches aus. Er drang bis zum Po und bis zur Adria vor und zog
die Donau abwärts gegen die Ungarn. Dreimal schlug er sie auf
das Haupt; er soll seine Bayern bis über die Theiß geführt haben.
In den unterworfenen Gebieten wurde das Christentum gepredigt.
Sächsische Geistliche und Mönche, die von den Waffen Geros
geschützt wurden, sandte Otto in die Gegenden an der Havel und
Spree, und überall entstanden christliche Gemeinden, ein Erfolg, der
sich freilich mehr auf Gewalt und Furcht, als auf die Bekehrung der
Herzen gründete. Um den Gemeinden einen Halt zu geben, richtete