Full text: Deutsche Geschichte für evangelische Volksschulen

X. 3m neuen Deutschen Reich. 91 
Dieser Dreibund ist seitdem der Hort des Friedens in Europa. Wer 
aber die Friedensarbeit schützen will, der muß selber stark genug 
sein, die Friedensstörer zu bestrafen. Daher war Kaiser Wilhelm immer 
darauf bedacht, die Kriegsmacht des Reiches zu stärken. Um eine leichtere 
Verbindung zwischen den beiden Kriegshäfen Kiel und Wilhelmshaven, 
sowie zwischen Ost- und Nordsee herbeizuführen, ward die Herstellung 
des Nord-Ostseekanals beschlossen, zu welchem der Kaiser 1887 selbst 
den Grund legte. Der Kanal führt seinem Gründer zu Ehren den 
Namen Kaiser-Wilhelm-Kanal. Auch nach außen begann sich das 
Reich auszudehnen, indem es zuerst in Afrika Kolonien erwarb (1884), 
dem es bald andere in der Südsee hinzufügte. Ganz besonders wandte 
der Kaiser seine Fürsorge den niederen Volksklassen zu. Für den 
deutschen Arbeiterstand wurde eine Versicherung gegen Unfälle 
und eine Kaffe zur Unterstützung in Krankheitsfällen geschaffen. 
Wer bei der Arbeit verunglückt, erhält eine Entschädigung; stirbt er, so erhalten 
seine Hinterbliebenen diese Unterstützung. Die Krankenkasse, zu der Arbeiter und 
Arbeitgeber nach der Höhe des Verdienstes wöchentlich eine Beisteuer zu entrichten haben, 
bezahlt für den erkrankten Arbeiter den Arzt, die Arznei uud die Hälfte des Wochenlohnes. 
Auch die Einrichtung einer Alters- und Invalidenversicherung 
hatte Kaiser Wilhelm I. im Sinne, aber er hat sie nicht mehr erlebt. 
2. Lebensende und Tod. 1888. Dem greisen Kaiser Wilhelm 
war es eine Lust, die Wohlfahrt des deutschen Volkes unter seiner Re- 
gierung blühen und gedeihen zu sehen. Als Vater des Vaterlandes preisen 
ihn die Deutschen, und als ersten unter gleichen verehrten ihn die Fürsten 
Europas. Ein schwerer Schlag war es darum auch für Deutschland 
und eine traurige Botschaft für die ganze Welt, als am Morgen des 
9. März 1888 der Telegraph die Kunde verbreitete: „Kaiser Wilhelm 
ist gestorben". Er, der noch aus dem Sterbebette gemeint hatte: „Ich 
habe keine Zeit müde zu sein", war nach langem sreud- und leidvollem 
Leben zur ewigen Ruhe eingegangen. Sein Andenken wird in Deutsch- 
land nie erlöschen. Viele Denkmäler bekunden das treue Gedenken des 
deutschen Volkes an seinen ersten Kaiser. Die beiden größten sind: das 
Kaiser-Wilhelm-Denkmal zu Berlin und das Kyffhäuserdenk- 
mal, das an der Stelle errichtet ist, wo nach der Sage Kaiser Barbarossa 
schlief, bis des Reiches Herrlichkeit aufs neue erstehen würde. 
3. Kaiser Wilhelms Helfer. Zu den Männern, mit deren Hilfe 
es Kaiser Wilhelm 1. gelang, die Einheit des deutschen Vaterlandes zu 
erringen, das Reich zu gründen und auszubauen, gehören in erster Reihe 
Fürst Bismarck, Gras Moltke und der ehemalige Kriegsminister Roon. 
Bismarck wurde am 1. April 1815 im alten Schlosse zu Schönhausen in 
der Provinz Sachsen geboren. Im Jahre 1862 wurde er preußischer Minister- 
Präsident. Dieses Amt legte ihm aber so schwere Pflichten auf, daß König Wilhelm 
einst sagte: „Ich sehe weit genug von meinem Schlosse, um auf dem Platze davor 
Ihr Haupt fallen zu sehen." Bismarck erwiderte: „Majestät, kann ich mir denn 
einen schöneren Tod denken, als diesen oder den auf dem Schlachtfelde?" Bei den 
Verhandlungen der Staatsmänner, die den Kriegen von 1864 und 1866 voraus¬ 
gingen, hat sich Bismarcks Gewandtheit besonders erprobt. Aus Dankbarkeit erhob 
ihn der König 1865 in den erblichen Grafenstand. Als Kanzler des Norddeutschen 
Bundes hielt er es für seine nächste Aufgabe, die weitere Einigung Deutschlands er- 
streben zu helfen. Als diese Arbeit 1870 durch den Krieg mit Frankreich unterbrochen
	        
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