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Hannover. 
b) Wie die Kapelle erbaut wurde. Gleich darauf fiel der Kaiser in 
einen tiefen Schlaf, und als er wieder erwachte, sah er zu seiner großen ver- 
Wunderung vor sich den Platz mit Schnee bedeckt, während ringsumher alles in 
grüner Sommerpracht stand, fluch das Kreuz, welches er in den Rosenbusch 
gehängt hatte, war darin festgefroren, und dennoch blühten am Busch die 
Rosen weit schöner und voller, als sie vorher geblüht hatten. Da merkte der 
Kaiser, daß Gott hier ein Wunder getan habe, und gelobte, auf der Stelle, wo 
der „heilige Schnee" gefallen war, eine Kirche zu bauen. 
Noch sann er über diesen frommen Vorsatz nach, als Hundegebell und Wald- 
hörner durch den Wald erklangen. Sein Zagdgefolge kam herbei und war 
hocherfreut, den Herrn gesund und frohgemut wiederzufinden. Nun erzählte 
der Kaiser, welchen Wink ihm Gott gegeben habe, und befahl, auf der heiligen 
Stätte sofort eine Kapelle zu bauen. Der wilde Rosenstock aber, der das Kreuz 
so festgehalten hatte, sollte nicht ausgerodet werden. So geschah es. Es 
entstand an der Stelle, wo die kleine Kapelle am Dome steht, das erste Gebäude 
von hildesheim. Der Rosenstock aber grünt und blüht noch heute und umrankt 
mit seinen frischen Zweigen das alte Gemäuer. (Karl Seifert.) 
4. Hermann Btllung. 
Es war um das Iahr 940 nach Christi Geburt, da hütete nicht weit von 
Hermannsburg ein 13—Mjähriger Knabe die Rinderherde seines Vaters. Da 
kommt ein prächtiger Zug von gewappneten Rittern dahergezogert, stolz zu 
Roß. Der Knabe sieht mit Lust die blinkenden Helme und Harnische, die 
glänzenden Speere und die hohen Reitersleute an und denkt in seinem herzen: 
Das sieht noch nach was aus! Aber plötzlich biegen die Reiter von der sich 
krümmenden Straße ab und kommen querfeldein auf die Stelle zugeritten, wo 
er hütet. Das ist ihm doch zu arg; denn das Feld ist keine Straße, und es gehört 
noch dazu seinem Vater. Er besinnt sich kurz, geht den Rittern entgegen und 
ruft ihnen zu: „Kehrt um, die Straße ist euer, öas Zeld ist mein!" 
Ein hoher Mann, auf Öessen Stirn ein majestätischer Ernst thront, reitet 
an öer Spitze öes Zuges unö sieht ganz verwunöert öert Knaben an, öer es 
wagt, sich ihm in öen Weg zu stellen. Er hält sein Roß an unö hat seine Kreuöe 
an öem mutigen Jungen, öer so kühn unö furchtlos seinen Blick erwiöert unö 
nicht vom platze weicht. „Wie heißt öu, Knabe?" fragt er. „Ich bin hermarm 
Billungs Sohn unö heiße auch Hermann. Unö öies ist meines Daters $elö; 
Ihr öürft nicht hinüberreiten." „Ich will's aber, Knabe," erwiöerte öer Ritter 
mit örohenöem Ernst, „weiche, oöer ich stoße öich rtieöer!" Dabei erhebt er öen 
Speer. Der Knabe aber bleibt furchtlos stehen, sieht mit Mitzertöem fluge zu 
öem Ritter hinauf unö spricht: „Recht muß Recht bleiben, unö Ihr öürft nicht über 
öas $elö reiten, Ihr reitet öenn über mich hinweg!" „Was weißt öu vom Recht, 
Knabe?" „Mein Dater ist öer Billung, unö ich roeröe es nach ihm," antwortet 
öer Knabe; „vor einem Billung öarf niemanö öas Recht verletzen." Da ruft
	        
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