Full text: Die Geschichte von Sachsen zum Unterricht in den vaterländischen Schulen

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der Lochauer Heide — wo oft so fröhliche Jagden gewesen waren — 
holte man ihn ein und zwang ihn, sich zu verteidigen. Das that er nun 
zwar mit der größten Tapferkeit, aber was halfs! Die Feinde drangen 
mit Ungestüm ein, hieben über 1000 Kurfürstliche nieder und umringten 
endlich den verlassenen Johann Friedrich. Noch immer wehrte er sich 
wie ein Verzweifelter und blutete aus zwei Wunden; aber er mußte sich 
doch endlich für des Kaisers Gefangenen erklären. So endete die un¬ 
selige Schlacht bei Mühlberg. Der edle Gefangene mußte nun mit dem 
stolzen Kaiser vor Wittenberg ziehen, und es begann für ihn ein Leben 
voll Schmach, Demütigung und bitterer Entsagung; aber auch ein Leben, 
das des ehrwürdigen Fürsten Großmut, Religiosität und Gottergeben¬ 
heit im herrlichsten Lichte darstellte. Im Feldlager vor Wittenberg 
ließ der Kaiser ihn zum Tode verurteilen, der Kurfürst vernahm den 
Spruch mit unerschütterlicher Gelassenheit, und der Kaiser scheuete sich 
doch, das ungerechte Urteil zu vollziehen. Dafür zwang er ihn aber, 
die traurige Wittenberger Kapitulation zu unterschreiben. Das 
war ein schriftlicher Vertrag, nach welchem der Kurfürst sein Land und 
seine Kurwürde verlor, beides an seinen Vetter Moritz ab¬ 
trat, und für feine drei Söhne nur eine Anzahl Ämter und 
Städte in Thüringen erhielt. Seit dieser Kapitulation, die am 
19. Mai 1547 geschah, gehörte also die Kurwürde mit allen sächsischen 
Ländern nicht mehr der ernestinischen, sondern der albertinischen 
Linie, und erbte auch in dieser fort bis auf die neuesten Zeiten. Aus 
den kleinen Stücken in Thüringen, welche die Ernestiner behielten, ent¬ 
standen späterhin durch mancherlei Zuwachs die sächsischen Herzog¬ 
tümer Weimar, Gotha u. s. w. 
Der gute Johann Friedrich hatte übrigens in seiner Gefangenschaft 
ein beklagenswertes Los. Fünf Jahre lang schleppte ihn der Kaiser auf 
allen seinen Reisen und Zügen in Deutschland und Holland mit sich umher. 
Man kränkte und verspottete ihn; vierundzwanzig 'Spanier bewachten 
ihn und ließen ihn oft für Geld sehen. Man nahm ihm nach und nach 
seine Waffen, feinen Hofprediger, feine Diener, seine Bücher, zuletzt 
sogar seine Bibel. Doch nichts erschütterte des gottergebenen Mannes 
Standhaftigkeit. „Was ich aus den Büchern gelernt habe, können sie 
mir doch nicht nehmen!" so sprach er, als man ihm das letzte Buch hin- 
wegriß. — Erst am 19. Mat 1552 kam ihm die Freiheit, und er durste 
— nun ein armer Mann — nach Weimar zurückkehren. 
15. Moritz als Herzog und als Kursürst. 
Die albertinischen Länder also — so sahen wir in der vorigen 
Stunde — waren groß geworden, und die ernestinischen dagegen fast 
zum Nichts herabgefunken. Wir müssen darum von nun an uns Haupt-
	        
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