86 IV. Aus dem Herzogtum Westfalen.
5. Die weltfälilchen Städte und die Hansa.
(Um 1300.)
A. Entstehung der Hansa. Die westfälischen Kaufleute, die mit
den norddeutschen Städten Bremen, Hamburg und Lübeck im leb¬
haften Handelsverkehr standen, hatten auch zur Zeit des Faustrechts
viel unter den räuberischen Überfällen durch die Raubritter und
anderes Gesindel zu leiden. Sie waren gezwungen, ihren Wagen¬
zügen eine starke Begleitmannschaft von bewaffneten Knechten zum
Schutz beizugeben. Fast täglich mußten sie sich mit den Wege¬
lagerern herumschlagen, von denen sie nicht selten beraubt, über¬
wältigt und in Gefangenschaft geschleppt wurden, aus der sie sich
nur durch ein hohes Lösegeld befreien konnten. Da bei der Obrigkeit
kein Schutz gegen das Raubgesindel zu erlangen war, schlossen sich
auch viele westfälische Städte dem Hansabnnde an, der 1241 durch
die Städte Hamburg und Lübeck zum Schutz ihres Handels ge¬
gründet worden war. Zur Zeit ihrer Blüte gehörten der Hansa
85 Städte an; durch ein eigenes bedeutendes Heer, und eine gemein¬
schaftliche Flotte von mehr als 2Q0 „Schiffen machte sie dem adeligen
Raubhandwerk'und dem Treiben der Seepiraten ein Ende.
b. Westfälische Hansastädte. Von den westfälischen Städten ge¬
hörten zur Hansa: Dortmund, Soest, Unna, Lippstadt, Paderborn,
Rüthen, Brilon, Arnsberg, Neuenrade, Olpe, Attendorn, Münster,
Bielefeld, Hamm, Herford, Marburg. Unter ihnen waren Dort¬
mund und Soest die bedeutendsten. Dortmund, jetzt die größte,
Industrie- und verkehrsreichste Stadt der Provinz, entwickelte sich
schon früh zu einem bedeutenden Handelsplatz. Schon 1220 war
Dortmund freie Reichsstadt. Dortmunder Kaufleute dehnten ihre
Handelsreisen bis Brügge, London und die Ostseeländer, ja bis
Nowgorod in Rußland aus. Durch Dortmunds Bermittelung erhielt
die Mark aus Schweden das sog. Osemund-Eisen, das für die Her¬
stellung von Draht besonders wertvoll war. Für Draht und Eisen¬
waren war Dortmund wieder Stapelplatz. Nicht weniger als 5/? der
deutschen Wollaussuhr war in den Händen Dortmunder Kaufleute.
Drei Dortmunder Kaufherren streckten dem König Eduard III. von
England eine Summe von 22100 Pfund Sterling vor, und 1342
verpfändete dieser für Schuldforderungen feine Krone an Dort¬
munder und Soester Kaufleute. — Soest, dem jetzt mit seinen
15 000 Einwohnern der alte Wall- und Mauergürtel zu weit ge¬
worden ist, war zur Zeit der Hansa eine blühende Handelsstadt von
über 30 000 Einwohnern. Sie besaß 25 Kirchen, darunter die noch
jetzt vorhandene herrliche Wiesenkirche, das schönste gotische Bauwerk
Westfalens. Soests Kaufleute zogen nicht nur nach Hamburg und
Lübeck, sondern auch nach Wisby auf Gothland und nach Riga in
Rußland. Die Hansastädte der Mark trieben am meisten Handel mit
den Niederlanden, während die Hansastädte im Nordwesten in leb-
htiftem Verkehr mit den norddeutschen großen Hansastädten standen.