§ 54. Friedrich's des Großen Jugend. 239
König hatte ihn in seinen Ausgaben sehr beschränkt, und von jedem Groschen,
den der Kronprinz ausgab, mußte er genau Rechenschaft ablegen. So dachte
Friedrich Wilhelm seinen Sohn von früh auf zur Sparsamkeit zu gewöhnen.
Der Prinz meinte aber, als Königssohn dürfte er nicht so sehr beschränkt
leben, und es war ihm lästig, in allem, was er für Kunst und Wissenschaft
ausgab und seinen kleinen Vergnügungen opferte, so genau beaufsichtigt zu
werden, und darum hatte er, ohne daß sein Vater es wußte, sich Geld
geliehen. Als Erbe des Königthrones fand der Prinz Leute genug, die ihm
gern halfen. Als der König das erfuhr, fürchtete er, daß es ihm auch mit
der Erziehung zum guten Wirt bei seinem Sohne nicht gelingen würde, und
er ließ ihn seinen Zorn bei jeder Gelegenheit anss heftigste fühlen.
Als der Prinz zu einem Jüngling herangewachsen war, machten seine
Eltern Pläne, welche Gattin man für ihn wählen sollte. Seine Mutter war
die Schwester des Königs von England, dem auch das Kurfürstentum Hannover
gehörte. Sie wünschte, daß ihre Tochter den Prinzen von Wales, den der-
einstigen Thronfolger in England, heiraten sollte; der Kronprinz Friedrich
dagegen sollte die englische Königstochter Amalie zur Gemahlin wählen. An¬
fangs war auch der König diesem Plane nicht abgeneigt; bald aber entzweite
er sich mit seinem Schwager, dem König von England, und wollte nun von
den geplanten Heiraten nichts mehr wissen. Er wurde in seinem Widerwillen
gegen die englische Königsfamilie noch durch den Gesandten des deutschen
Kaisers, dem die enge Verbindung des preußischen mit dem englischen Königs¬
hause nicht zum Vorteil gereichte, bestärkt.
König Friedrich Wilhelm I. war nun aufs heftigste gegen seine Gemahlin
und seine Kinder gereizt, als er merken mußte, daß sie an jenen HeiratsMnen
ihm zum Trotz festhielten, und der arme Kronprinz erfuhr die härteste und
schimpflichste Behandlung.
c) Die Flucht des Kronprinzen und ihre Folgen.
Dem Kronprinzen wurde zuletzt die Strenge seines Vaters unerträglich,
und mit tiefem Schmerz empfand es das Ehrgefühl des Jünglings, wenn ihn
sein Vater sogar noch körperlich strafte und mißhandelte. Er beschloß darum,
sich solcher harten Behandlung durch die Flucht ins Ausland zu entziehen.
Er zog zwei Freunde, die ihm bei derselben behilflich sein sollten, ins Ge¬
heimnis. Der eine war der Lieutenant Katte in Berlin, der andere, Namens
Keith, war früher Page in Berlin gewesen und stand dann als Offizier in Wesel.
Der König machte im Jahre 1730 eine Reise nach Süddeutschland, um
einige Fürsteuhöse zu besuchen, und wollte dann den Rhein abwärts nach
Cleve ziehen. In seiner Begleitung befand sich auch der Kronprinz, der hier
in der Nähe der Westgrenze des Reiches am besten Gelegenheit zur Flucht
zu finden hoffte. Er hatte bei seiner Abreise von Berlin seine Kostbarkeiten
bereits dem Lieutenant von Katte übergeben; derselbe sollte sich einen Urlaub
auswirken und sich der Flucht des Kronprinzen anschließen. Auch Keith sollte
seinen Aufenthalt Wesel verlassen und sich nach der holländischen Stadt Haag
begeben, um später mit dem Kronprinzen zusammenzutreffen. Während der
Reise schrieb Friedrich noch einmal an Katte in Berlin uud beauftragte ihn,
seine Sachen vorauszuschicken und nach Frankreich zu entfliehen. Eine Tagereise