Full text: Geschichtsbilder aus der allgemeinen und vaterländischen Geschichte

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Hut der neuen Provinz, die übrigens eine alte, kerndeutsche Besitzung und 
nur durch Verrat an Polen gekommen war, die größte Sorgfalt zugewandt 
und das lange Elend derselben geendet. Das verlassene, arme Land ohne 
Herrn, ohne Gesetz, ohne Zucht und ohne eine Spur von Wohlstand wurde, 
wie früher Schlesien, des Königs Lieblingskind, das er wie eine gute 
Mutter mit unendlicher Liebe und Nachsicht pflegte und zur Arbeit und 
zur Sitte führte. 
9. Wie der große König aussah und lebte. Der „alte Fritz" 
war von kleiner, magerer, nach vorn gebeugter, aber behender Gestalt. 
Kinnladen und Nase standen etwas vor. Aus dem Antlitz blitzten durch- 
dringende graublaue Augen. Sein Gang war rasch und stolz, sein Körper 
abgehärtet, seine Kleidung sehr einfach. Meist trug er einen blauen 
Soldatenrock mit roten Aufschlägen, der stets Spuren von Schnupftabak 
aufwies, einen alten dreieckigen Hut und lange, ungewichste Reiterstiefel. 
In der Hand hatte er einen Krückstock, der zugleich als Reitstock diente, 
und in der Tasche eine Tabaksdose. Auf fernen Gängen war er meist 
von schönen Windhunden umgeben. 
Seine Zeit war sorgfältig eingeteilt. Um 4 Uhr morgens stand 
er auf. Bis zum Frühstücke las er eingegangene Berichte und versah sie 
mit seinen treffenden Randbemerkungen; um 7 Uhr erschienen die Minister 
und Kabinettssekretäre, denen er Weisungen zur Ausarbeitung der Be- 
scheide gab. Dann schrieb er Briefe, gab Audienzen und besuchte die 
Parade. Bei der Mittagstafel sprühten Geist, Witz und Heiterkeit. Nach- 
mittags prüfte er die Ausarbeitungen der Sekretäre, die klar und kurz 
fein mußten, und empfing Künstler und Gelehrte, las oder schrieb. Nach 
der Abendtafel ergötzte er sich an Musik. Erst gegen Mitternacht endete 
fein Arbeitstag „Nichts sieht dem Tode ähnlicher als der Müßiggang!" 
pflegte er zu sagen. Im Mai unternahm der König regelmäßig Reisen 
in seinem Lande, auf denen er jeden hörte, für alles Augen und Ohren, 
Rat und Tat hatte. Jedermann hatte Zutritt zu ihm. Er betrachtete 
sich als Sachwalter der Armen. „Die armen Leute wissen, daß ich ihr 
Landesvater bin, darum muß ich sie hören!" sagte er. Sein Lieblings¬ 
aufenthalt war das Schloß Sanssouci bei Potsdam, sein liebster Um- 
gang Marquis d'Argens. Den berühmten Voltaire zog er auch an 
seinen Hof; aber durch Neid, Spott- und Streitsucht und einen gemeinen 
Charakter machte dieser sich so verächtlich, daß er Berlin verlassen mußte. 
Er rächte sich durch Schmähschriften am Könige. 
10. Wie der große König aus dem Leben schied am 17. August 
1786. Immer freudloser wurde das Alter des großen Königs. Seine 
liebsten Freunde hatte der Tod abgerufen, und die Schmerzen und Leiden 
des Körpers mehrten sich. Mit den Qualen der Gicht verbanden sich 
die Beängstigungen der Wassersucht. Aber in der Arbeit und Sorge für 
sein Land und Volk erlahmte er nicht. Er sagte: „Mein Leben ist auf 
der Neige; die Zeit, die ich noch habe, muß ich benutzen, sie gehört nicht 
mir, fondern dem Staate." Und früher einmal: „Hätf ich mehr als ein 
Leben, ich wollte es für mein Vaterland hingeben!" Endlich, am 17. Au- 
gust 1786, verließ in Sanssouci der hohe Geist seine irdische Hülle, die in
	        
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