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Dritter Zeitraum des Mittelalters: 1096—1273.
Anfang an dies bessere Theil erwählt hätten! Ich herrsche lieber über
Willige als über Gezwungene, ich belohne lieber, als ich strafe; aber
vergessen soll Niemand, daß ich eher durch Gehorsam, als durch Krieg
zu besiegen bin. Im Vertrauen jedoch, die Stadt werde künftig auf
dem rechten Wege beharren, soll sie nicht mehr meine Macht und Strenge,
sondern nur meine Huld und Milde erfahren." Die Acht ward jetzt
aufgehoben, und freundlich ergriff der Kaiser die Vornehmsten bei der
Hand, küßte und tröstete sie. Da kehrte Freude in die Herzen der
Mailänder zurück, denn die meisten verglichen die Gegenwart nur mit
dem letzten schrecklichen Zustande.
Bald nachdem die Uebergabe der Stadt wirklich Statt gefunden
hatte, entließ Friedrich den größten Theil seines Heeres, und nachdem
ihm nach alter Sitte die lombardische Königskrone zu Monza aufgesetzt
worden war, schrieb er einen großen italienischen Reichstag auf der
Ebene von Roncaglia aus. Dieser Reichstag sollte die italienischen
Verhältnisse ordnen; dazu waren auch städtische Consuln und Lehrer
des römischen Rechtes berufen. Der Kaiser bestellte eine besondere
Commission aus den vier berühmtesten Rechtsgelehrten der damaligen
Zeit, Bulgarus, Martinus, Ugo und Jacobus, und aus 28 Deputirten
von 14 italienischen Städten; sie sollten die Hoheitsrechte des Königs
der Lombarden, was Friedrich jetzt unbestritten war, bestimmen. Die
städtischen Deputirten mochten hoffen, daß die Privilegien der einzelnen
Städte trotz der allgemeinen Bestimmungen respectirt werden würden,
und so kam ein Staatsgesetz zu Stande. Friedrich betrachtete es als
besondere Gnade, daß er diesem neuen Staatsgesetz hinzufügte: wer ur¬
kundlich irgend ein Recht, als ihm von den Vorfahren im Reiche zuge¬
standen, besitze, solle dasselbe behalten, selbst wenn cs dem neuen Staats¬
rechte entgegenlaufe. Die wichtigste Bestimmung war die, welche Friedrich
die Ernennung der städtischen Obrigkeiten zusprach und so ihn nicht
bloß zum Lehns-, sondern zum wahren Oberherrn der italienischen
Städte machte.
Bald ward der Friede zwischen Mailand und dem Kaiser gebrochen.
Der letztere hatte Gesandte nach Mailand geschickt, um den roncalischen
Beschlüssen gemäß die städtischen Obrigkeiten ernennen und einsetzen zu
lassen. Die Mailänder hatten gehofft, weil ihnen in der Capitulation
das Wahlrecht der Consuln gelassen worden war und sie derselben zu
Folge nur eine kaiserliche Bestätigung einzuholen hatten, dieses Wahlrecht
werde ihnen, wenn sie sich auf jene Urkunde stützten, auch nach den
roncalischen Beschlüssen bleiben. In dieser Hoffnung hatten wohl ihre
Abgeordneten allein in diese Beschlüsse willigen können ohne Verrath
an der Freiheit der Vaterstadt; jetzt aber, als die Gesandten des Kai¬
sers die frühere Capitulation für vernichtet erklärten durch die späteren
und bereits anerkannten Reichsschlüsse, erhob sich in Mailand ein Volks¬
aufstand; man rottete sich zusammen, warf Steine in die Fenster der
Häuser, wo die kaiserlichen Gesandten wohnten und wollte diese selbst
ermorden, so daß es den Consuln nur mit Mühe gelang, sie unverletzt aus