58 Kampf mit den Tarquiniern. Porsvna.
Staats und errang das Recht der Vorberathung und der Bestätigung der
Beschlüsse der Centuriatkomitien, die Entscheidung über Krieg und Frieden und
die oberste Aufsicht über alle Zweige der Staatsverwaltung und des Kultus.
Wer bei dieser Verfassungsveränderung nichts gewann, das waren die
Plebejer. Sie bekamen statt eines Herrn mehrere, und während es im In¬
teresse der Könige gewesen war, zwischen Patriciern und Plebejern vermittelnd
aufzutreten, vertraten die Konsuln ausschließlich das Interesse ihrer Standes¬
genossen, und diese, welche von nun an noch ausschließlicher als bisher die
Macht in Händen hatten, mißbrauchten ihre Vorrechte auf Kosten der Plebejer.
§. 43.
-496. Kampf mit den vertriebenen Tarquiniern. Porsena. Diktatoren.
Tarquinius suchte durch List und Verrath den Thron wieder zu erlangen
und schickte Gesandte nach Rom unter dem Vorwande, über die Zurückgabe
seines Privateigenthums unterhandeln zu wollen. Der Senat war nicht abge¬
neigt, auf dieses Gesuch einzugehen. Als aber die Gesandten unter den patri-
cischen Jünglingen eine Verschwörung anstifteten, welche die Zurückführung des
Königshauses zum Zweck hatte, so wurden die Gesandten fortgewiesen, die
Herausgäbe des Privateigenthums verweigert, und die Verschworenen hinge¬
richtet. Zu diesen gehörten auch des Brutus zwei Söhne, und dem Vater
wurde durch sein Amt die Pflicht auferlegt, nicht nur der Hinrichtung seiner
Söhne selbst beizuwohnen, sondern auch diese zu befehlen. Auf Brutus Vor¬
schlag wurde das ganze Tarquinische Geschlecht (gens) verbannt, und so mußte
auch der Konsul Tarquinius Collatinus die Stadt verlassen. An seine Stelle
wurde Publius Valerius gewählt mit dem Beinamen Poplicola (Volks¬
freund). Er gab nämlich ein Gesetz, wonach jeder römische Bürger das Recht
der Berufung auf die Centuriatkomitien gegen die Beschlüsse der Konsularge¬
walt hatte (lex de provocatione). Auch soll er den durch die Gewaltma߬
regeln des Tarquinius an Zahl sehr verminderten Senat durch die Aufnahme
von Plebejern in denselben wieder ergänzt haben. Diese neuen plebejischen
Senatoren nannte man Conscripti (die in die Senatorenliste Eingezeichneten),
und daraus entstand die gewöhnliche Anrede an den Senat: Patres Conscripti
(eigentlich Patres et Conscripti).
Bald darauf rückte ein königliches Heer gegen die Stadt. Die Bewohner
von Tarquinii und Veji hatten auf des Tarquinius Bitten beschlossen,
ihm wieder zum Throne zu verhelfen, und stellten ihm ihre Truppen zur Ver¬
fügung. Am Walde Arsia kam es zu einem Reitertreffen, in welchem Brutus
und Aruns Tarquinius im Zweikampfe fielen, aber die Römer siegten. Nun
wandte sich Tarquinius an den mächtigen König Porsena von Klusium in
Etrurien, der damals über ganz Etrurien geherrscht haben soll. Dieser drang
mit seinem Heere bis zum Mons Janiculus vor, schlug das römische Heer in
die Flucht und war im Begriffe, mit demselben in die Stadt einzudringen,
wenn nicht ein einziger Mann, Horatius Cocles, die Tiberbrücke (pons
sublicias) so lange gegen die anstürmenden Feinde vertheidigt hätte, bis sie
hinter ihm abgebrochen war, worauf er, von den Geschossen der Feinde über¬
schüttet, an das jenseitige Ufer schwamm. Als nun die Stadt hart belagert
wurde, so beschloß Cajus Mucius, durch die Ermordung des Porsena seine
Vaterstadt von dem Drucke der Belagerung zu befreien. Er gieng ins Lager
der Feinde, erstach aber statt des Königs dessen Schreiber, den er für den