66
III. Westfalen unter sächsischen Herzögen.
b. Stadtrecht. Als Rechtsgrundsatz galt: Stadtluft macht frei!
Die Vorschriften für die Aufnahme neuer Bürger bestimmten, daß
kein Unfreier gegen den Willen seines Herrn unter die Bürgerschaft
aufgenommen werden dürfe. Wenn aber ein Unfreier „Jahr und
Tag" in der Stadt gewohnt und sein Herr bis dahin keinen Wider¬
spruch erhoben hatte, dann wurde er frei. Außerdem enthielt
das Stadtrecht noch Bestimmungen über die Gütergemeinschaft in
der Ehe, über das Erbrecht, sowie Strafen für Vergehen aller Art.
Die Hörigkeit, die Unsicherheit und die drückenden Lasten auf dem
Lande veranlaßten viele, die Stadt mit ihrer Freiheit und Sicherheit
aufzusuchen. Sie wurden bereitwillig aufgenommen und konnten in
Marktplatz zu Münster.
der Stadt Grundeigentum erwerben und das Bürgerrecht erlangen.
Sie hatten dann das Recht, die gemeinsame Mark, den gemein¬
samen städtischen Besitz mitzubenutzen. Der Bürger trieb sein Vieh
aus die Gemeindeweide und erhielt Holz aus den Gemeindewäldern.
6. Stadtverwaltung. Die Bürger hatten das Recht, eine
städtische Verwaltung, einen Magistrat aus 12 Männern zu wählen,
die anfangs Schöffen, später Ratsmannen hießen. Sie hatten das
Wohl der Stadt zu beraten und Recht zu sprechen. Dem Stadt¬
gericht mußten sich alle Bürger unterwerfen. Es war ursprünglich
nur für Marktsachen zuständig, dehnte aber später seine Macht¬
befugnisse über das ganze Weichbild, d. h. die Stadt und ihr Gebiet
aus. (Weichbild von wik — Stadt und bilida — Recht, Gerichts¬
barkeit, also Gebiet des Stadtrechtes.) Den' Vorsitz im Stadtgericht
führte meist ein vom Landesherrn bestellter Richter, der Bogt. Bald
aber wußten die Städte bei steigender Macht auch die hohe Gerichts-