68 IV. Aus dem Herzogtum Westfalen.
IV. Bus dem Herzogtum Westfalen.
1. Dir Entstehung des Herzogtums Westfalen.
(1180.)
a. Der Erzbischof von Cöln wird Herzog von Westfalen. Im
xW 1180 hatte Kaiser Barbarossa über den widerspenstigen Sachsen¬
herzog Heinrich den Löwen die Acht ausgesprochen und ihn seiner
Länder, also auch des Herzogtums Sachsen für verlustig erklärt. Das
große Herzogtum Sachsen wurde nun für immer aufgelöst, und der
Erzbischos Philipp von Cöln erhielt einen großen Teil Westfalens
zur Verwaltung und den Titel eines Herzogs von Engem und West¬
falen für sich und seine Nachfolger. Die kriegerischen Cölner Erz¬
bischöfe hatten schon vor 1180 im südlichen Westfalen Ländereien und
Befestigungen m Besitz; dazu kamen noch geistliche Stiftungen mit
reichem Grundbesitz. Nun erhielt der Erzbischof die herzogliche Ober¬
gewalt über ein großes, zusammenhängendes Gebiet und die Großen
dieses Landes. Es gehörten dazu als geistlicher Besitz: das Hochstift
Paderborn, die Abteien Essen, Corvey und Herford; dazu kamen die
Grafschaften Arnsberg, Berg, Mark, Waldeck, Everstein, Schwalen¬
berg, die Edelherrschaften Lippe und Büren und die Reichsstadt
Dortmund. Mit der Zersplitterung des alten Herzogtums Sachsen
traten also für das Gebiet der heutigen Provinz Westfalen be¬
deutende Veränderungen ein. Es wurde dadurch das Zerfallen des
Gebiets in eine große Anzahl von selbständigen Landesherrschaften
befördert.1) Jedes einzelne weltliche und geistliche Fürstentum in
Westfalen hat von jetzt an eigentlich seine eigene Geschichte. Denn
dem Erzbischof von Cöln wurde die Ausübung seiner Herzogsgewalt
sehr streitig gemacht. Die ansässigen geistlichen und weltlichen Herren
waren keineswegs gesonnen, dem Kirchenfürsten vom Rhein gegen¬
über eine untergeordnete Stellung einzunehmen. Es begann viel¬
mehr mit der Übertragung des Herzogtums Westfalen auf die Erz¬
bischöfe von Cöln ein heftiger und lange dauernder Kampf (13. bis
15. Jahrhundert) der weltlichen und geistlichen Herren gegen die
kölnischen Herzöge.
b. Die Herzogsgewalt. Der Herzog hatte das Recht, die Großen
seines Landes zu Landtagen zu berufen, alle Bewohner zum Kriegs¬
dienst zu entbieten und als oberster Gerichtsherr Gericht abzuhalten.
Ferner durften die Großen ohne seine Einwilligung keine Be¬
festigungen anlegen, und er hatte das Recht, Reisenden für sein
ganzes Gebiet Geleit zu gewähren. Dagegen hatte er die Pflicht,
x) Ende des 18. Jahrhunderts gab es in Westfalen nicht weniger als
42 Reichsfürstentümer; das ganze Land setzte sich aber aus 87 Landesherrschaften
(Territorien) zusammen, die im Anfang des 19. Jahrhunderts zu Gliedern des
Staates der Hohenzollern wurden.