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Roms Kämpfe gegen die Tarquinier.
abbrach. Während die beiden Gefährten sich noch auf den letzten
Planken ans jenseitige Ufer retteten, hielt Horatius aus, bis die
Brücke unter ihm zusammenstürzte. Dann sprang er in voller
Rüstung in die Wogen und rettete sich schwimmend zu den
Seinigen.
Darauf schloß Porseuua mit seiner Übermacht die Römer auf
allen Seiten so ein, daß sie von auswärts keine Zufuhr mehr er-
halten konnten und arge Mutlosigkeit das Volk befiel. Da schlich
sich ein mutiger Römer Namens Mucius in das etruskische Lager
in der Absicht, den König zu töten und so seine Mitbürger mit
Ausopferung des eigenen Lebens aus ihrer Not zu befreien. Es
gelang ihm, bis in das Zelt Porsennas vorzudringen. Hier erstach
er jedoch aus Irrtum den Schreiber des Königs, der neben diesem
saß, und wurde zum Gefangenen gemacht. Da ihn nun Porsenna
durch Androhung der grausamen Strafe des Feuertodes schrecken
wollte, streckte Mucius kaltblütig seine rechte Hand in ein da-
stehendes Becken mit glühenden Kohlen und ließ sie zu Asche ver-
brennen. Dem erschrockenen Etrnskerkönig teilte er mit, daß noch
dreihundert andere römische Jünglinge geschworen hätten, das
Gleiche zu wagen. Voll Entsetzen über solchen Heldenmut ge-
währte Porsenna den Römern einen billigen Frieden und trat den
Rückzug an.
Zur Sicherheit dafür, daß Rom die vereinbarten Bedingungen
erfülle, ließ er sich Geiseln, zehn Knaben und zehn Mädchen,
stellen. Unter den letzteren war eine edle Jungsrau Namens
Clölia. Diese entfloh in der Nacht aus dem etruskischen Lager,
schwamm über den Tiber und brachte sich zu den Ihrigen in
Sicherheit. Die römischen Behörden freilich billigten ihre Flucht
nicht, sondern lieferten sie wieder aus. Porsenna aber wollte sich
an Großmut nicht überbieten lassen und schenkte der Clölia und
anderen Geiseln die Freiheit.
Als auch noch ein Versuch der Latiner für die Rückführung
des entthronten Königs gescheitert war, verzichtete Tarquinius
endlich aus sein Königtum. Er ging nach Cumä und starb daselbst.
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