Full text: Preußisch-deutsche Geschichte vom Ende des Großen Krieges bis zum Beginne des Zwanzigsten Jahrhunderts (Teil 3)

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Stein und Blücher waren für strenge Bestrafung der Franzosen. 
Aber die Monarchen bezeigten sich äusserst mild. Die Staatsmänner, 
die „Federfuchser“, wie Blücher sagte, nahmen die Sache in die Hand’ 
und namentlich der Fürst von Talleyrand, der lange Napoleons 
Minister gewesen war, ihn aber längst verlassen hatte, bekam grossen 
Einfluss. Durch ihn wurde die alte Königsfamilie nach Frankreich 
zurückberufen, und Ludwig XVIII., der Bruder des hingerichteten 
Königs, als König eingesetzt. Frankreich behielt die Grenzen, die 
es im Jahre 1792 gehabt hatte und brauchte nicht einmal Kriegs¬ 
steuern zu bezahlen. Auch von den geraubten Kunstsachen brauchten 
nur wenige herausgegeben zu werden. Es kam aber u. a. die Viktoria 
wieder nach Berlin, nachdem sie beinahe acht Jahre unausgepackt in 
Paris gestanden hatte. Auch Friedrichs des Grossen Hut und Degen 
wurden zurückgenommen. 
Sobald der Friede zu Paris geschlossen worden war, zogen 
die Heere der Verbündeten heimwärts. Die beiden Kaiser und der 
König von Preussen sowie Blücher folgten einer Einladung des Prinz¬ 
regenten von England und besuchten London. Das englische Volk 
ehrte den alten Feldmarschall über die Massen. Man spannte seine 
Wagenpferde aus und zog den Wagen durch die Strassen; man hob 
den Greis auf die Schultern und trug ihn vor den Palast des Regenten. 
Die Monarchen beachtete man daneben nicht so sehr. 
König Friedrich Wilhelm erhob Hardenberg und Blücher zu 
Fürsten; letzteren wider dessen Willen. Er bekam den Beinamen 
„von Walstatt“ (nach dem alten Mongolenschlachtfelde nahe der Katz- 
bach). Zu Grafen wurden ernannt York (von Wartenburg), Bülow 
(von Dennewitz), Kleist (von Nollendorf) und Tauenzien (von Witten¬ 
berg). Damit wurde nach einer Gewohnheit Napoleons gehandelt. 
Stein allein ging leer aus. Er machte sich wie Blücher nichts 
aus Titeln; ihm war es genug an der Sache. „Der Mensch ist zu 
Boden; danken wir der Vorsehung! Und all das Lumpengesindel um 
ihn her ist zu Boden!“ So frohlockte er. 
Die Monarchen und Staatsmänner begaben sich nun zur Zu¬ 
sammenkunft nach Wien, wo die Verhältnisse Europas, vor allem 
Deutschlands neugeordnet werden sollten. Der Wiener Kongress 
(d. i. Zusammenkunft) kam aber nur langsam zu stände, und alsbald 
begannen auch schon die grössten Zwistigkeiten der Mächte unter¬ 
einander. Der Verbannte auf Elba liess sich fortwährend darüber be¬ 
richten. Daneben hatte er ein wachsames Auge auf Frankreich, wo 
die Leute mit der neuen Regierung unzufrieden waren. Denn der 
König schien wieder die Übelstände zulassen zu wollen, wie sie vor 
der Revolution gewesen waren. 
Wiedergabe nach Kernfragen. — Erläuterungen. 
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