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b. Die fietmkebr des Odyffcus.
Bald lag das Schiff gerüstet, das ihn in feine liebe Heimat
bringen sollte. Ter König und die Königin sorgten selbst für die
Unterbringung der köstlichen Geschenke. Ein Abschiedsmahl ver-
einte noch einmal das Königspaar und die Fürsten mit ihrem Gaste.
Dieser sprach den innigsten Dank aus für die gütige Aufnahme,
die er gefunden hatte, und flehte den Segen der Götter herab auf
das gastfreie Volk der Phäaken und feine edlen Herrscher. Dann
drängte er ungeduldig zur Abfahrt, die in der Abendstunde erfolgte.
Als die Küste des Phüakenlandes hinter ihm verschwand, streckte
sich Odysfeus auf dem Verdeck nieder, wo ihm ein Lager aus Fellen
und Decken bereitet worden war. Beim Takte der Ruderschläge
fiel er sofort in Schlummer; er schlief die ganze Nacht hindurch und
merkte es nicht, als das Schiff in früher Morgenstunde die Küste
Jthakas erreichte und in einsamer Bucht vor Anker ging. Aus Zart-
sinn vermieden es die Phäaken, den Schlummernden zu wecken;
leise faßten sie die Zipfel der Decke, auf welcher er ruhte, und trugen
ihn vorsichtig an Land, ohne daß er erwachte. Hier ward der Held
auf den Boden gebettet, und die Geschenke wurden neben ihm
niedergelegt; dann bestiegen die Phäaken eilends wieder ihr Schiff
und segelten heimwärts.
So war der viel umhergetriebene Odysseus schlafend in die
heißersehnte Heimat zurückgekehrt, die er vor zwanzig Jahren ver-
lassen hatte. Bei hellem Tageslichte erwachte der Schläfer und
sah sich verwundert um; die Gegend erschien ihm fremd; schon glaubte
er, schmählich verraten und an einer unwirtlichen Küste ausgesetzt
zu sein, doch zeigten ihm die sorgsam aufgestellten Geschenke, daß
dieser Verdacht nicht berechtigt war. Sorgenvoll machte er sich an
die Auskuudung des Landes. Da trat seine alte Freundin Pallas
Athene heran, die ihn zuerst in der Heimat begrüßen wollte. In
der Gestalt eines jungen Hirten brachte sie ihm die Kunde, daß er
in Jthaka sei, und nahm an seiner Freude teil. Dann gab sie sich
ihm zu erkennen und besprach mit ihm, was nun zu tun sei.
Sie gab ihm den Rat, zunächst zu erforschen, wer treu zu ihm
stehe und wer der Strafe wert fei. Damit er dies unerkannt voll-
bringen könne, verwandelte sie ihn in einen alten Bettler. Das
schwellende Fleisch schrumpfte zusammen, die Glieder wurden welk
und schlaff, Runzeln durchfurchten das Antlitz, Haupt- und Bart-
haar färbten sich grau. In dem Greise, der in schäbige, geflickte
Gewänder gekleidet war und einen schmierigen Bettelranzen trug,
hätte niemand den göttergleichen Helden erkannt. Schließlich half
ihm die Göttin, die herrlichen Geschenke der Phäaken in einer nahen
Höhle zu verbergen.