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Gregor vn. und Heinrich iv. (1056—1106).
Als Bonifacius das Ansehen des Papstes in Deutschland
befestigte, Pipin und Karl der Große durch Schenkungen welt¬
licher Besitzungen den Grund zum Kirchenstaate legten, da war die
Herrschaft der Päpste über die abendländische Christenheit begründet,
und bald brach eine lange, schmachvolle Zeit für unser Vaterland
herein. Mit Klugheit und eisernem Willen suchten die Päpste ihre
Rechte geltend zu machen. Sie lehrten, daß sie allein das Recht
hätten, den Fürsten die Krone zu nehmen und zu geben. — Einer
der bedeutendsten dieser Kirchenfürsten war Gregor VII., der Sohn
eines Zimmermanns, der von 1073—1085 die päpstliche Macht auf
den höchsten Gipfel führte.
Zu dieser Zeit regierte in Deutschland Heinrich IV., der schon
als sechsjähriger Knabe mit der Kaiserkrone geschmückt worden war,
aber auch eine sehr verderbliche Erziehung von den Bischöfen, die
ihn den Mutterhänden entrissen, erhalten hatte. Als die von
Heinrich schwer gekränkten Sachsen ihre Klagen vor ihm aus¬
schütteten, sandte Gregor, hoch erfreut, eine Gelegenheit zur Aus¬
führung seiner aus die Vergrößerung der päpstlichen Macht ge¬
richteten Pläne zu haben, an den Kaiser Boten mit dem Befehle,
vor seinem Richterstuhle in Rom zu erscheinen. Voll Zorn über
diese Anmaßung des Papstes beschloß Heinrich, den Papst seine
Macht fühlen zu lassen.- Aber Gregor ließ sich nicht schrecken; er
sprach über den Kaiser den Bannfluch aus. Bald erklärten auch die
deutschen Fürsten, denen Heinrichs Übermut längst verhaßt war, den
Kaiser für abgesetzt, wenn nicht der Bannfluch von ihm genommen
werde.
Da sah Heinrich keine andere Rettung, als durch schmachvolle
Demütigung den stolzen Papst zu versöhnen. Im Januar 1077
wurde die beschwerliche Reise über die hohen Alpen angetreten. Er
traf den Papst auf dem Schlosse Kanossa bei der Gräfin
Mathilde. Lange ließ Gregor sich bitten, ehe er dem Kaiser den
Eintritt in das Schloß gestattete. Drei Tage lang stand Heinrich
barfuß und nur mit einem Büßerhemde bekleidet, auf dem Schlo߬
hofe. Am vierten Tage endlich ließ ihn der Papst aus Fürbitte der
Gräfin Mathilde vor sich und erlöste ihn vom Banne, jedoch unter
der Bedingung, daß er nicht eher die königliche Gewalt wieder aus¬
übe, als bis er selbst darüber werde entschieden haben.
Während dieser Zeit hatten Heinrichs Feinde mit Genehmigung
des Papstes den Herzog Rudolf von Schwaben zum Gegen¬
könig erwählt. Rudolf aber wurde in der Schlacht an der Elster
von den kaiserlichen Truppen geschlagen und starb wenige Tage dar¬
auf zu Merseburg. Darauf sprach der Papst abermals den Bann¬
fluch über Heinrich aus. Dieser aber zog jetzt nach Rom, setzte
Gregor ab und ließ einen neuen Papst wählen. Gregor entfloh