Full text: Leitfaden für den geschichtlichen Unterricht

- 43 — 
Gregor vn. und Heinrich iv. (1056—1106). 
Als Bonifacius das Ansehen des Papstes in Deutschland 
befestigte, Pipin und Karl der Große durch Schenkungen welt¬ 
licher Besitzungen den Grund zum Kirchenstaate legten, da war die 
Herrschaft der Päpste über die abendländische Christenheit begründet, 
und bald brach eine lange, schmachvolle Zeit für unser Vaterland 
herein. Mit Klugheit und eisernem Willen suchten die Päpste ihre 
Rechte geltend zu machen. Sie lehrten, daß sie allein das Recht 
hätten, den Fürsten die Krone zu nehmen und zu geben. — Einer 
der bedeutendsten dieser Kirchenfürsten war Gregor VII., der Sohn 
eines Zimmermanns, der von 1073—1085 die päpstliche Macht auf 
den höchsten Gipfel führte. 
Zu dieser Zeit regierte in Deutschland Heinrich IV., der schon 
als sechsjähriger Knabe mit der Kaiserkrone geschmückt worden war, 
aber auch eine sehr verderbliche Erziehung von den Bischöfen, die 
ihn den Mutterhänden entrissen, erhalten hatte. Als die von 
Heinrich schwer gekränkten Sachsen ihre Klagen vor ihm aus¬ 
schütteten, sandte Gregor, hoch erfreut, eine Gelegenheit zur Aus¬ 
führung seiner aus die Vergrößerung der päpstlichen Macht ge¬ 
richteten Pläne zu haben, an den Kaiser Boten mit dem Befehle, 
vor seinem Richterstuhle in Rom zu erscheinen. Voll Zorn über 
diese Anmaßung des Papstes beschloß Heinrich, den Papst seine 
Macht fühlen zu lassen.- Aber Gregor ließ sich nicht schrecken; er 
sprach über den Kaiser den Bannfluch aus. Bald erklärten auch die 
deutschen Fürsten, denen Heinrichs Übermut längst verhaßt war, den 
Kaiser für abgesetzt, wenn nicht der Bannfluch von ihm genommen 
werde. 
Da sah Heinrich keine andere Rettung, als durch schmachvolle 
Demütigung den stolzen Papst zu versöhnen. Im Januar 1077 
wurde die beschwerliche Reise über die hohen Alpen angetreten. Er 
traf den Papst auf dem Schlosse Kanossa bei der Gräfin 
Mathilde. Lange ließ Gregor sich bitten, ehe er dem Kaiser den 
Eintritt in das Schloß gestattete. Drei Tage lang stand Heinrich 
barfuß und nur mit einem Büßerhemde bekleidet, auf dem Schlo߬ 
hofe. Am vierten Tage endlich ließ ihn der Papst aus Fürbitte der 
Gräfin Mathilde vor sich und erlöste ihn vom Banne, jedoch unter 
der Bedingung, daß er nicht eher die königliche Gewalt wieder aus¬ 
übe, als bis er selbst darüber werde entschieden haben. 
Während dieser Zeit hatten Heinrichs Feinde mit Genehmigung 
des Papstes den Herzog Rudolf von Schwaben zum Gegen¬ 
könig erwählt. Rudolf aber wurde in der Schlacht an der Elster 
von den kaiserlichen Truppen geschlagen und starb wenige Tage dar¬ 
auf zu Merseburg. Darauf sprach der Papst abermals den Bann¬ 
fluch über Heinrich aus. Dieser aber zog jetzt nach Rom, setzte 
Gregor ab und ließ einen neuen Papst wählen. Gregor entfloh
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.