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Der Vater deutete ihm die ehrwürdigen Trümmer des Stammschlosses der
Hohenstaufen, und mit einer bedeutenden Anschauung zogen die ersten großen
historischen Vorstellungen in seinGemüth ein. Friedrich durste den Vater
in die Uebungslager, zu den Förstern im Walde und weiter aus das schöne
Lustschloß Hohenheim begleiten. Begierig hörte er ihn von seinen Feldzügen
erzählen. Jenes Kloster, welches die Gräber der Hohenstaufen bewahrt,
ward von den beiden Geschwistern häufig besucht, gewiß nicht, ohne ernste
Eindrücke und ahnungsvolle Schauer in den empfänglichen Kinderherzen zu¬
rückzulassen. Er ging gerne in Kirche und Schule, bisweilen jedoch versäumte
er sie, um einen Ausflug in die nahen Berge zu machen. Auch nach einer
Kapelle des Kalvarienberges bei dem nahe gelegenen Gmünd, zu welcher
der Weg durch die Leidensstationen führte, wandelten die Geschwister gern.
Ohne Zweifel hat der dreijährige Aufenthalt an diesem Orte und ein
ununterbrochener Verkehr mit der freien Natur in ihm die Neigung zum
Landleben, das Gefühl für Naturschönheiten und den Hang zur Einsamkeit,
sowie den Sinn für Unabhängigkeit zuerst erweckt und begründet.
Als neunjähriger Knabe verließ Schiller mit seinen Eltern Lorch und
wurde nun auf die lateinische Schule in Ludwigsburg, dem neuen Wohnsitze
der Eltern, geschickt, wo er bald einer der besten Schüler ward.
Ursprünglich hatten ihn seine Eltern zum geistlichen Stande bestimmt,
aber im Rathe der Vorsehung war es anders beschlossen. Der Herzog von
Würtemberg, welchem Schiller als einer der tüchtigsten Schüler in Lud¬
wigsburg bezeichnet war, nahm ihn mit auf die Karlsschule nach Stuttgart,
wo er sich anfangs der Rechtswissenschaft und später der Arzneikunde wid¬
mete. Aber beides gefiel ihm nicht. Vielmehr beschäftigte er sich insgeheim,
gegen den äußern Druck der Schulzucht ankämpfend, mit den Werken der
vorzüglichsten deutschen Dichter und übte sich mit einigen Genossen in der
verbotenen Dichtkunst. Als 18jähriger Jüngling schuf er das Drama:
„Die Räuber", wodurch sein Name weit und breit bekannt wurde.
Dieses Drama wurde zuerst in Mannheim aufgeführt. Schiller,
welcher zu dieser Zeit Militärarzt war, reiste ohne Urlaub dorthin, um der
Aufführung beizuwohnen, mußte aber den Genuß mit 14tägigem Arrest
büßen.
Bald daraus floh unser Schiller aus den drückenden Diensten des
Herzogs Karl von Würtemberg nach Mannheim und fand nach längerem
Umherirren, wobei Noth und Sorge an ihm nagten, endlich einen Zufluchts¬
ort bei einer feiner Gönnerinnen, der Frau von Wolzogen in Bauerbach
bei Meiningen. Nach 7 glücklichen und arbeitsreichen Monaten kehrte er
nach Mannheim zurück, woselbst er Theaterdichter wurde. Bei feinen ge¬
ringen Einnahmen mußte er jedoch noch mit mancherlei Entbehrungen
kämpfen, denn fein Talent wurde nicht belohnt. Nach einem Jahre ging
er nach Leipzig unb bald darauf nach Dresden zu feinem besten Freunde
Körner, dem Vater des Dichters Theodor Körner. Von hier aus
wurde er 1789 als Professor der Geschichte nach Jena berufen, zu welcher
Stelle ihm besonders auch Göthe, sein späterer Freund, behilflich war.
Diese Stellung gefiel ihm ganz gut, aber bald erkrankte er sehr schwer.
Diese Krankheit, von der er sehr spät wieder genas, hinterließ eine Kränk-'
lichkeit, die seinen körperlichen Zustand für seine ganze Lebenszeit zerrüttete.