142 Die preußische Provinz Westfalen [g
Tötung eines Menschen, sondern auch auf nächtlichem Diebstahl oder
Raub m einem fremden Hause. Jede Verletzung des Stadt¬
friedens wird scharf geahndet. Die meisten Vergehen werden
mit Geldstrafen gesühnt, u. a. die Führung von falschem
Maß oder Gewicht. Ist die Schuld des Verklagten nicht auf
anderem Wege bestimmt nachzuweisen, so tritt in erster Linie
der Eid auf die Reliquien als Beweismittel ein. Er kann je
nach Lage der Sache vom Kläger oder vom Verklagten geleistet
werden; doch bedürfen beide in den meisten Fällen Schwur¬
zeugen. Der gerichtliche Zweikampf dagegen wird, wie in allen
Stadtrechten, so auch im Soester streng verboten; die An¬
schauung der Bürger stellt sich also zu der der Ritter in scharfen
Gegensatz. Bestechlichkeit der Richter oder Ratsmitglieder wird
natürlich besonders scharf bestraft und hat die Ausstoßung des
Bestochenen aus dem Rat zur Folge. Das Stadtrecht schließt in
sehr bezeichnender Weise mit der feierlichen Mahnung, daß die
Bürgermeister, der Rat und, wenn nötig, die ganze Bürgerschaft
bereit sein sollen, jeglichen Angriff auf die darin verbrieften
Rechte durch Schwur auf die Reliquien zurückzuweisen.
Der Stadtrat wurde durch Wahl auf Jahresfrist aus¬
schließlich aus den bevorrechtigten Familien gebildet. Er leitete
u. a. das städtische Münz- und Zollwesen und überwachte die
Zünfte. Dem entsprechend konnte ursprünglich kein Zunstgenosse
Ratsmitglied werden; aber später erkämpften sich die Zünfte doch
einen Anteil am Stadtregiment. In einer Stadt von so leb¬
haftem Handelsverkehr, wie ihn damals Soest, als eine der
wichtigsten Hansestädte hatte, war das am allerwenigsten zu
hindern.
Der Mut und die kriegerische Tüchtigkeit ihrer Bürger zeigte
sich niemals glänzender, als in der „Soester Fehde" (1447
bis 1449), die zu den rühmlichsten Kämpfen deutscher Städte
um ihre Freiheit gehört. Erzbischof Dietrich II. von
Köln war durch Verschwendung und Fehden in tiefe Schulden
geraten und drückte seine Unterthanen durch schwere Steuern.
Die Selbstherrlichkeit der Städte, vor allem die von Soest, war
ihm ein Dorn im Auge. Die Soester schlossen sich, um ihre
Rechte zu wahren, an den alten Feind des Erzbischofs, den
Herzog Adolf von Cleve, an und stellten sich unter Vorbehalt
ihrer Freiheiten und Rechte als erbunterthänig in seinen Schutz;
dafür ward des Herzogs ritterlicher Sohn Johann ihr tapferer
Schirmherr. Osnabrück, Münster, Paderborn, Hamm, Lippstadt
unterstützten die Nachbarstadt; dagegen traten Wilhelm III. von
Sachsen, der Landgraf Ludwig von Hessen, der Kurfürst Frie¬
drich II. von Brandenburg, die Bischöfe von Münster und Hildes-