Full text: Deutsche Landes- und Provinzialgeschichte

9] Ost- und Westpreußen. 9 
Preußen und die Marienburg. Da rief der Hochmeister aus: 
„Gott und die heilige Jungfrau werden uns helfen, ich werde 
nicht aus der Burg weichen." Die Belagerung wurde fortgesetzt 
und dauerte acht Wochen lang, ohne daß die Polen irgend welche 
Erfolge errungen hätten. Da nahten von Deutschland und Liv¬ 
land Entsatzheere. Als Wladislaw hiervon Kunde erhielt, 
zeigte er sich den Friedensbedingungen Heinrichs geneigt, dieser 
aber schlug nun sein Anerbieten rundweg ab. Schließlich zwang 
eine Pest die Polen, sich aus Preußen zurückzuziehen. So war 
Heinrich von Plauen der Retter des Deutschtums in Preußen ge¬ 
worden ; als das ganze Land wieder im Besitze des Ordens war, 
wurde er zum Hochmeister gewählt. Leider wurde sein Helden¬ 
mut schlecht belohnt. 1411 kam mit Polen der Friede zu 
Thorn zustande, in welchem der Orden Samogitien abtreten 
und für die Gefangenen ein Lösegeld von 100 000 Schock 
Groschen zahlen mußte. Um diese Summe aufzubringen, hatte 
Heinrich dem Lande Steuern auferlegt, welche den Unwillen der 
Bevölkerung hervorriefen. Dazu kam, daß der Hochmeister die 
alte Strenge und Zucht bei den Rittern wieder einführen wollte, 
wozu sich diese durchaus nicht verstehen mochten. Sie machten 
einen Anschlag auf das Leben ihres Gebieters, welcher jedoch 
entdeckt wurde. Als nun der Hochmeister bei der Bevölkerung 
eine Stütze suchte und zu dem Zwecke den Landesrat einsetzte, 
zu welchem 20 Adelige und 27 Bürger gehörten, wurde er von 
seinen Rittern abgesetzt und in Gefangenschaft gehalten, in der 
er nach fünfzehn Jahren starb. 
7. Preußen wird ein polnisches Lehen. Während im 
Innern des Ordens Zucht- und Sittenlosigkeit beständig zu¬ 
nahmen, wurde das Verhältnis zwischen ihm, dem Landadel und 
den Städten immer feindlicher. Die Härte, die Ungerechtig¬ 
keiten und Übergriffe der Ritter dauerten fort und riefen große 
Erbitterung im Lande hervor. 1440 wurde von dem Adel und 
den Städten zu Marienwerder der „preußische Bund" gestiftet. 
Als dieser Bund 1454 unter Leitung des Hans von 
Baysen dem Orden den Krieg erklärte, brach der Aufstand im 
ganzen Lande aus. Man hatte dem Könige Kasimir IV. von 
Polen die Herrschaft im Lande angetragen. Kasimir fiel mit 
einem Heere in Preußen ein, während Hans Marienburg belagerte. 
Der Orden zog den Polen entgegen. Bei Konitz kam es zur 
Schlacht, in welcher Kasimir vollständig geschlagen wurde. Die 
Feinde zogen sich zurück, die Belagerung von Marienburg wurde 
aufgehoben und der größte Teil des Landes, besonders der Osten, 
kam wieder in die Gewalt der Ritter. Die Sache hätte jetzt 
für diese einen günstigen Verlauf nehmen können, doch es
	        
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