23] Oberbayern, Niederbayern und die Oberpfalz. 221
ernte, fein Rechtssinn, feine Gewissenhaftigkeit traten bei dem
großen Werke ins volle Licht. Schon 1808 war die Leib¬
eigenschaft in Bayern aufgehoben, hernach den Städten und
Dörfern das Recht der Selbstverwaltung eingeräumt worden;
1818 erließ König Max, feinem Versprechen gemäß, als einer
der ersten deutschen Fürsten eine Verfassung. Diese ward dem
Staate zur sicheren Grundlage des politischen und kirchlichen
Rechts. Die neu gewonnenen Gebietsteile lebten sich rasch m
den Staatsverband ein, die verfallenen Reichsstädte erholten sich.
Hervorragende Männer förderten das geistige Leben (Schelling,
Thiersch, Reichenbach, Utzschneider, Jean Paul
Graf Platen). Eine neue Zeit nahte. Maximilian starb
am 18. Oktober 1825; ihm folgte fein hochbegabter Sohn
2. Ludwig I. (1825-1848). Von Jugend an deutsch ge¬
sinnt, ein Gegner Napoleons, erkannte er seine hauptsächlichste
Ausgabe in der Pflege der idealen Guter, insbesondere der
Kunst. Er brachte ihr ein ungewöhnliches Verständnis und
einen unvergleichlichen Opfersinn entgegen, so daß durch feine
Unterstützung die bildenden Künste eine Wiedererstehung
feierten, deren Wirkung sich weit über Bayerns und Deutsch¬
lands Grenzen hinaus erstreckte. Diese Förderung umfaßte die
bildenden Künste, die Plastik, die Baukunst, die Malerei
in ihrem ganzen Umsange und in all ihren großen Entwicke¬
lungsperioden. Die christlich-germanische Kunst erfreute sich
keiner geringeren Pflege als die antike. Schon als Jüngling,
zur Zeit der Erniedrigung Deutschlands, hatte Ludwig den Plan
gefaßt, einen Ruhmestempel der deutschen Vergangenheit aufzu¬
bauen; als König fchuf er am Ufer der Donau bei Regensburgch
die Walhalla, das Nachbild des Parthenon. Bei Kehl-
heim entstand der mächtige Rundbau der Besreiun gsh alle,
ein Denkmal der Freiheitskriege. Der Dom von Speier wurde
seinem Verfall entrissen, der Dom von Bamberg erneuert, der
Dom von Regensburg ausgebaut. In vielen bayrischen Städten
entstanden Denkmäler tüchtiger Männer der Vergangenheit.
München erhob der König zu einer Kunststadt ersten Ranges;
er baute die Glyptothek und die Propyläen, die Pina¬
kotheken, die Bonifatius-, die Ludwigs- und die
Auerkirche, die Residenz (nach dem Muster des Palastes
Pitti) und die Feld Herrn h alle (nach dem Vorbilde der
Loggia bei Lanzi in Florenz). Eine Schar von Künstlern be¬
schäftigte und eiferte er an: Cornelius, Klenze, Gärtner,
Schnorr von Earolsfeld, Schwind, Rauch, Schwan
thaler, Thorwaldfen und viele andere. Ludwigs edel-
romantische Gesinnung zeigte sich auch in seiner Begeisterung