434 Freie und Hansestadt Lübeck. [8
Verkehr zwischen Lübeck und Hamburg vielfach bedrängte
und schädigte, so vereinigten sich beide Städte 1420 zur Aus¬
sendung eines aus Bürgern und Söldnern zusammengesetzten
Heeres, welches Bergedorf eroberte. Unter Vermittelung be¬
freundeter Fürsten, namentlich des Kurfürsten Friedrich I. von
Brandenburg, wurde durch einen zu Perleberg geschlossenen Ver¬
trag Bergedorf mit seinem Gebiet, den Vierlanden,
von Lauenburg an die beiden Städte Lübeck und Hamburg ab¬
getreten. Sie haben es gemeinsam besessen und verwaltet bis
1867; dann verzichtete Lübeck gegen eine Geldzahlung auf
seinen Besitzanteil.
Von fetten Dänemarks war für geleistete Hülse die Insel
Fehmarn 1437—1491, die Stadt Kiel 1469—1496, die Insel
Bornholm 1526—1576 an Lübeck verpfändet. Die Fest¬
stellung des jetzigen Lübecker Gebiets erfolgte durch Verträge mit
Dänemark 1802, mit dem Herzog von Oldenburg 1804.
6. Verfassungsstreitigkeiten. Der Bürgermeister Jürgen
Wullenwever. In vielen deutschen Städten erlangten im vier¬
zehnten Jahrhundert die in Zünfte geordneten Handwerker An¬
teil an der Verwaltung und Regierung der Stadt. Lübeck und
die meisten Hansestädte haben dem entgegen lange die unbeschränkte
Selbstherrschaft des Rats bewahrt, und der Versuch Wullen-
wevers, dies zu ändern und mit Hülfe der zu höheren Rechten
erhobenen Bürgerschaft Lübecks Macht zu erhöhen, hatte einen
unglücklichen Ausgang.
Nachdem 1384 eine von den Handwerkern gegen den Rat
geplante Erhebung entdeckt und bestraft war, vereinigten sich 1408
Kaufleute und Handwerker zu der Forderung, daß der aus ihrer
Mitte gebildete Bürger ausfchujs von sechzig Mitgliedern,
der zur Ordnung der Steuern und des Stadthaushalts berufen
war, eine bleibende Einrichtung sein und daß die Bürger An¬
teil an der Ratswahl haben sollten. Die Mehrzahl der damaligen
Ratsherren verließ die Stadt und rief die Entscheidung des
kaiserlichen Hofgerichts an; ein neuer Rat ward von den Bürgern
erwählt, aber schon 1 41 6 wurde die alte Verfassung her¬
gestellt, da der Spruch des obersten Gerichts auch durch die
Vertreter befreundeter Hansestädte und durch feindliche Maßregeln
des Königs von Dänemark gegen die in Schonen verweilenden
Kaufleute unterstützt wurde. Es folgte eine längere Zeit fried¬
licher Eintracht, in der die Stadt zu hoher Blüte gelangte; dann
aber gab dieEinführungder kirchlichen Reformation
Anlaß zu neuem Streit.
Der Rat, mit dem Bischof und dem Domkapitel befreundet,
wehrte dem Eindringen der neuen Lehre, aber Schwierigkeiten