Full text: Die Geschichte der neuern Zeit (Bd. 3)

47. Ludwig's XIV. Selbstregierung. Colbert. 285 
wesen, daß man den Streit der beiden Kronen durch eine Vermählung des 
jungen Ludwig XIV. mit der Tochter Philipp's IV., Maria Theresia, bei¬ 
legen solle. Obgleich sowohl Philipp IV. als Ludwig XIV., der eine Nei¬ 
gung zu einer Nichte Mazarin's gefaßt hatte, die übrigens vom Minister 
selbst keineswegs begünstigt wurde, nur ungern auf den Plan eingingen, so 
war diese Verbindung doch die wichtigste Bedingung des sogenannten pyre¬ 
tt ätschen Friedens, den Mazarin mit dem ersten spanischen Minister, 
Luis de Haro, persönlich abschloß (13. Aug. 1659) auf einer kleinen Insel 
des Grenzflusses BidaZoa^ von der nicht ausgemacht war, zu welchem von 
beiden Reichen sie gehöre. Frankreich behielt die Grafschaft Roussillon, bei¬ 
nahe ganz Artois und die besten Küstenplätze Flanderns. In der Bedingung 
der Vermählung des Königs von Frankreich mit der Infantin lag die Aussicht 
einer neuen noch großem Weltstellung. Allein Spanien bestand auf der 
Verzichtleistung der Infantin auf die künftige Nachfolge in Spanien. Man 
hielt jedoch allgemein dafür, daß auch der ausgesprochene Verzicht im ein¬ 
tretenden Falle die neue Königin von Frankreich, ihren Gemahl und ihre 
Kinder nicht binden werde. Indem also der Friede, den man schloß, die 
Verhältnisse der beiden Monarchieen endlich definitiv zu ordnen schien, lag 
doch in der obersten Bedingung, auf der er beruhte, der Keim neuer Ent¬ 
zweiung. 
Schon auf der Rückreise von der Insel der Conferenz erlitt Mazarin 
überaus schmerzhafte Gichtanfälle und feine Kräfte schwanden sichtlich. Am 
9. März 1661 starb er; bei Hofe ward, was außer aller Gewohnheit ist, 
Trauer für ihn angelegt. Darin, daß er im vollen Genuß von Würde, Macht, 
Reichthum und Ansehen hinging, sah man eine Fortsetzung desselben Glückes, 
das ihn von Anfang begleitet hatte. 
47. Lndwig'g XIV. Selbstregierung. Lolbert. 
(Nach Ernst Alex. Schmidt, Geschichte von Frankreich und Karl Twesten, 
Ludwig XIV.) 
Da beinahe seit 40 Jahren die Regierung des Staates einem Ersten 
Minister anvertraut gewesen, und da Ludwig, auch nachdem er in das 
männliche Alter eingetreten war, die Leitung der Staatsgeschäfte gänzlich in 
den Händen des Cardinals Mazarin gelassen hatte, so glaubte man am Hofe 
allgemein, daß diese Regierungsweise auch fernerhin fortdauern werde, zumal 
es dem Könige an Erfahrung und, wie es schien, auch an Befähigung und 
Neigung zu ernster und angestrengter Thätigkeit fehle. Allein sogleich nach 
dem Tode des Cardinals erklärte er, er sei entschlossen, in Zukunft sein 
Königreich selbst zu regieren, er wolle keinen Ersten Minister, die Beamten
	        
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