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§ 26. Der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm.
„Getrost, tapfere Soldaten! Ich, euer Fürst und jetziger Hauptmann, will
siegen oder ritterlich mit euch sterben!" Seine Soldaten folgten ihm voll
Begeisterung. (Stallmeister Froben.) Derfflinger führte immer neue Trup¬
pen ins Gefecht, und endlich war der weit überlegene Feind geschlagen.
Das war der erste Sieg, den die Brandenburger allein errangen. Der
Kurfürst verfolgte die Schweden, eroberte Stettin, vertrieb sie mitten im
Winter aus Preußen und erntete mit seinem Heere die schönsten Lorbeeren.
— Er hoffte, Vorpommern behalten zu können. Aber der mißgünstige
Kaiser hatte inzwischen mit Ludwig XIV. Frieden geschlossen, uud allein
war Friedrich Wilhelm doch zu schwach, sich gegen Frankreich und Schweden
zu behaupten. Im Frieden zu St. Germain 1679 mußte er alle seine
Eroberungen herausgeben. Voll Zorn ries er aus: „Aus meiner Asche
möge ein Rächer erstehen!"
7. Ludwig XIV. aber setzte trotz des Friedens feine Räubereien am
Rheine fort Er nahm 1681 Straßburg weg und gab 1688 den grausamen
Beseht, die Länder am Rhein in eine Wüste zu verwandeln. Heidelberg mit
seinem prachtvollen Schlosse, Speier, Worms, Trier und andere Städte wurden
zerstört. Im Frieden zu Nyswik (Holland) 1697 gab Frankreich zwar seine
rechtsrheinischen Eroberungen wieder heraus, aber behieltElsaß und Straßburg.
8. Des Großen Kurfürsten letzte Zeiten und Bedeutung. 1675
war der letzte Herzog von Liegnitz. Brieg und Wohlan gestorben, und der
Kaiser setzte sich sogleich in den Besitz dieser Länder, den Erbverträgen (siehe
§ 25. 7) zuwider. Der Kurfürst mußte sich mit dem Kreise Schwiebus be¬
gnügen. — Als ein echt christlicher Fürst suchte er den Frieden zwischen
den beiden feindlichen evangelischen Konfessionen zu fördern und verbot
daher den Geistlichen die gegenseitigen Anfeindungen. Leider führte diese
Verordnung die Entlassung des fruchtbaren Liederdichters Paul Gerhardt
herbei, der die Berechtigung des Kurfürsten zu einem solchen Verbot nicht
anerkennen wollte. — Als der Kurfürst die Krone Polens unter der Be¬
dingung erhalten sollte, daß er katholisch würde, da wies er sie zurück und
sprach: „Meine Religion, darin ich meiner Seligkeit versichert bin, um einer
Krone willen zu verlassen, werde ich in Ewigkeit nicht tun!" — Die von
Ludwig XIV. hart bedrängten französischen Protestanten nahm er in sein
Land auf und erwies sich so allezeit als Hort der Evangelischen. — 1688
verschied er mit den Worten: „Ich weiß, daß mein Erlöser lebt!" Sein
Wahlspruch war: „Gott ist meine Stärke!"
Er ist der eigentliche Gründer des Preußischen Staates, denn durch
ihn wurden die so sehr verschiedenen Gebiete desselben zu einem Ganzen
verschmolzen. Er war der bedeutendste Regent seiner Zeit, denn er hob
seinen armen Staat empor zu einer achtunggebietenden Macht, indem er
ihn um ein Drittel vergrößerte, ein tüchtiges stehendes Heer schuf und für
das Wohl seiner Untertanen landesväterlich sorgte. Er war der größte
deutsche Kriegsheld des 17. Jahrhunderts, der die geschändete deutsche
Wafsenehre wiederherstellte. Er wurde darum schon von seinen Zeitge¬
nossen mit Recht „der Große" genannt