Full text: Hilfsbuch für den Geschichtsunterricht

Der dritte punische Krieg: Karthagos Fall. 97 
den Karthagern ins Land. Diese baten die Römer um Hilfe, aber ver¬ 
geblich. Zuletzt riß den Karthagern die Geduld: sie ergriffen die Waffen 
gegen den übermütigen Nachbar. Sofort behaupteten die Römer, Karthago 
habe den Frieden gebrochen, und setzten mit einem starken Heere nach 
©teilten über. Damit begann der dritte punische Krieg. Die Karthager 149 
erklärten sich zur Unterwerfung bereit; der Senat forderte 300 Knabene^r- 
und Jünglinge aus den vornehmsten Häusern als Geiseln. Sie wurden 
gestellt, und dennoch segelte die römische Flotte nach Afrika hinüber. 
Die Karthager versicherten abermals den Römern Treue und Ergebenheit 
und baten um die weiteren Bedingungen. Kalt erwiderte der römische 
Konsul: „Ihr steht unter Roms Schutz, wohlan, übergebt uns alle Waffen 
und Wurfmaschinen." Mit schweigender Angst gehorchten die Karthager, 
und jetzt erst erfuhren die Wehrlosen die letzte Bedingung: sie sollten mit 
Weib und Kind ans der Heimat ausziehen und mindestens 10000 Schritt 
vom Meere sich eine neue Wohnstätte gründen; denn Karthago müsse 
zerstört werden. Diesem Worte folgte ein Ausbruch der Wut und Ver¬ 
zweiflung; bald aber kehrte die Ruhe zurück, und die Stadt entwickelte 
eine außerordentliche Thätigkeit, sich zu verteidigen. Selbst Verbrecher, 
Sklaven und Verbannte wurden zum Kriegsdienst verwendet. Um Waffen 
zu erhalten, wurden die Tempel und alle öffentlichen Gebäude in Werk¬ 
stätten verwandelt, überall wurde gehämmert, geschmolzen; selbst die Bild¬ 
säulen der Götter mußten das Erz zu Pfeilen und Lanzen liefern. Frauen 
gaben ihr Geschmeide her und schnitten sich das Haar ab, um Stricke 
und Bogensehnen daraus zu flechten. Aus dem Gebälk abgetragener 
Häuser machte man Schiffe, dann wurde der Hafen mit einer langen Kette 
gegen das Meer abgesperrt. So konnten sich die Karthager unter der 
Führung des tapferen Hasdrubal zwei Jahre lang mit Erfolg gegen die 
Römer verteidigen. 
b. Karthagos Fall. Da wurde Publius Kornelius Scipio 
Ämilianus (er war ein Sohn des Ämilins Paulus und Adoptivsohn 
von dem Sohne des älteren Scipio Afrikanus) als Oberfeldherr nach 
Afrika geschickt. Als er die verfallene Mannszucht hergestellt hatte, schloß er 
Karthago ringsum ein. Durch einen Damm wurde die Zufuhr von der 
See, durch einen Wall von der Landseite abgeschnitten. Da gruben die 
Karthager insgeheim einen Kanal von der inneren Seite ins Meer unb über¬ 
fielen die erstaunten Römer mit 50 Kriegsschiffen. Aber Scipio siegte und 
verschloß ihnen auch diesen Ausweg wieder. Im. Frühling des Jahres 146 146 
wurde die Stadt erobert und gänzlich zerstört. Die Einwohner wurden äi ^r- 
als Sklaven verkauft; viele verlebten den Rest ihres Lebens in römischen 
Kerkern. Von einer Anhöhe blickte Scipio auf die rauchenden Trümmer 
der Stadt, die einst Meeresbeherrscherin war; eine Ahnung von dem 
Hoffrneyer und Hering, Hilfsbuch. 9. Aufl. 7
	        
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