286 Die französische Revolution: Die Schreckensherrschaft und ihr Fall.
die man mir zur Last legt. Ich verzeihe den Urhebern meines Todes
und bitte Gott, daß das Blut, das ihr zu vergießen im Begriffe seid,
Frankreich nicht heimsuchen möge." Als das Todesbeil fiel und das
Haupt des Königs über das Schafott rollte, zeigte es ein Henkersknecht
dem Volke, das in den Ruf ausbrach: „Es lebe die Nation! Es lebe
die Freiheit!" Wild tanzte der Pöbel um das Blutgerüst. (21. Januar
1793.)
d. Die Schreckensherrschaft und ihr Fall. Wohl erhoben sich in ein¬
zelnen Gegenden Frankreichs, z. B. in Lyon und Toulon, die Bewohner
zur Rache für den König; aber der Konvent schlug alles mit Gewalt
nieder, und die Guillotine (nach ihrem Erfinder, dem Arzt Guillotin, so
genannt) arbeitete so eifrig, daß man in einer Gerberei Menschenhäute
verarbeitete, aus deren Leder man Reithandschuhe und Beinkleider machte.
Auch in religiösen Dingen nahm die Roheit zu. Der Erzbischof von
Paris erschien mit der roten Jakobinermütze auf dem Kopfe im Konvent
und erklärte das Christentum für ein Lügengewebe. Unter der Teilnahme
der Geistlichkeit begann das Volk, an vielen Orten die Kirchen zu plündern
und mit Bibeln und heiligen Geräten Hohn zu treiben. Eine Buhlerin, in
einem himmelblauen Gewände, mit der roten, mit Eichenlaub bekränzten
Jakobinermütze auf dem Haupte und einer Pike in der Hand, wurde auf
einem Sessel nach dem Konvent getragen. Hier erhielt sie als „Vernunft¬
göttin" den Platz neben dem Präsidenten.
Unterdessen wüteten die Parteien untereinander; doch erlangte die
Umsturzpartei, die sich auf den Pöbel stützte, die Oberhand. Das Haupt
derselben war Robespierre, der mit unumschränkter Gewalt wütete
und Frankreich durch den Schrecken beherrschte. Im Oktober 1793 bestieg
auch die Königin das Blutgerüst; ihr folgte bald der Herzog von
Orleans, obwohl derselbe alles gethan hatte, um dem Pöbel zu schmeicheln,
und sogar seinen Titel abgelegt und den Namen „Philipp Egalite" (ix i.
Gleichheit) angenommen hatte. An manchen Tagen starben 150 Personen auf
dem Blutgerüst, so daß ganze Geschlechter ausgerottet wurden. Als Robes¬
pierre trotz seiner Gewaltthätigkeit seine Macht wanken sah, beantragte
er beim Konvent, den Glauben an Gott und die Unsterblichkeit wieder
einzuführen, was unter großen Festlichkeiten auch geschah. Eine gemäßigte
Partei erlangte allmählich die Oberhand und führte auch Robespierre
nebst seinen Helfershelfern zum Schafott. Nach und nach kehrten jetzt
geordnete Verhältnisse zurück. Im Jahre 1795 ging der Konvent aus¬
einander, und statt seiner trat das Direktorium an die Spitze des
Staates; aber schon lag die ganze Kraft des Landes in der Armee und
ihren jungen Generalen.