94 Der zweite punische Krieg: Hannibal in Süditalien; Syrakus.
schwierigen Lage erwies sich der römische Senat wahrhaft groß. Er gab
den Gesandten Hannibals, die Friedensvorschläge machten, die Antwort:
„Solange noch ein Punier in Italien ist, braucht ihr an einen Frieden
nicht zu denken." Fabius und Marcellus wurden zu Oberfeldherren
ernannt. Hannibal zog in das reiche Kapua, um hier den Winter über
sich zu neuen Thaten zu rüsten. Seit dem Jahre 215 aber verließ ihn
das Glück. Die Römer ließen sich mit ihm in keine Schlacht mehr ein.
Er wurde sogar bei der Belagerung der festen Stadt Nola von Mar¬
cellus zurückgeschlagen. Die Römer ehrten diesen für den ersehnten Sieg:
sie nannten ihn ihr „Schwert", wie sie Fabius ihren „Schild" nannten.
Für Hannibal wurde die Lage immer bedenklicher: seine Kerntruppen
waren in den vielen Schlachten gefallen, die übrigen in dem schönen Italien
verweichlicht, und seine Vaterstadt ließ ihn trotz seiner Bitten schmählich
im Stich. Die Römer suchten Hannibal auf ein immer kleineres Gebiet
zu beschränken und schickten gleichzeitig ein Heer unter Marcellus nach
Sicilien, um Syrakus zu züchtigen, das mit Hannibal einen Bund ge¬
schlossen hatte. Zwei Jahre belagerte er die Stadt vergeblich, die auch
212 Archimedes mit den von ihm erbauten Maschinen verteidigte. Endlich
v. Chr. gelang die Eroberung durch Verrat; bei der Plünderung wurde auch
Archimedes erschlagen. Er saß in Nachdenken vertieft über mathematischen
Figuren, die er mit einem Stabe vor sich in den Sand gezeichnet hatte,
als ein Römer eintrat. „Zertritt mir meine Zirkel nicht!" rief er dem
Störer zu; dieser aber, unwillig über den grämlichen Alten, stieß ihn
nieder. Cicero erkannte später das Grabmal an einer Kugel, die der
Feind dem Mathematiker aufs Grab gesetzt hatte. — Sicilien ward wieder
eine römische Provinz.
In Italien belagerten die Römer während dieser Zeit Kapua. Um
sie von der Stadt abzuziehen, rückte Hannibal vor Rom. Wohl zitterte
die Stadt bei dem Ruf: „Hannibal kommt!" aber er wagte die Stadt
nicht anzugreifen, und der Senat rief das Heer nicht von Kapua zurück,
das nun fiel und für feinen Abfall schwer büßen mußte. Trotzdem hielt
Hannibal unerschütterlich in Süditalien aus. Noch einmal, aber zum
letztenmal, neigte sich das Glück auf seine Seite; Marcellus verlor bei
einem Erkundigungsritt das Leben. Dann schien Hanmbals letzte Hoffnung
sich zu erfüllen, als sein Bruder Hasdrubal, der in Spanien gegen die
Römer unglücklich gekämpft und deshalb das Land verlassen hatte, mit
dem karthagischen Heere über die Alpen bis Mittelitalien vordrang. Bruder
und Heer aber fanden ihren Untergang in der Schlacht am Metaurus.
(207.) Die Römer schlugen dem gefallenen Helden das Haupt ab und
schleuderten es in das Lager des Hannibal. Dieser erkannte die Züge
des sehnlichst erwarteten, geliebten Bruders und rief aus: „Weh, daran
erkenne ich Karthagos Geschick!" Finster grollend zog er sich in den süd-