Full text: Geschichte Preußens in Einzelbildern

Der Verfall des Ordens. 29 
Bollwerk gegen die Burg dienen konnte. Bald standen die Polen mit 
den Litauern und Tartaren vor der Feste Marienburg. Als der Polen¬ 
könig dem Komtur Plaueu bei einer Unterredung gebot, die Burg zu über« 
geben, erwiderte dieser: „Aus der Marienburg werde ich lebend 
nimmer weichen. Eher will ich unter ihren Trümmern be¬ 
graben sein! Doch Gott nnd die heilige Jungfrau wird uns 
schützen." Vergeblich wandten die Feinde jetzt Verrat und Gewalt au, 
die Burg zu bezwingen. Nach zehnwöchentlicher Belagerung zogen sie ab, 
nachdem sich die Kunde verbreitet hatte, daß aus Deutschland ein Hilfsheer 
zum Beistand des Ordeus herbeieilte. Heinrich von Plauen aber wurde 
nach dem Abzüge des Feindes zum Hochmeister erwählt. Es gelang ihm, 
das Land aus den Händen der Polen zurückzugewinnen, und in dem 
Frieden zu Thorn (1411) wurde dem Orden der größte Teil des preußi¬ 
schen Landes wieder zugesprochen; doch mußte er sich verpflichten, für die 
Gefangenen von Tannenberg ein hohes Lösegeld an Polen zu zahlen. Um 
diesem Versprechen nachzukommen und um auch die Söldner zu befriedigen, 
die den Orden im Kriege unterstützt hatten, sah Heinrich von Plauen sich 
genötigt, dem Lande eine Kopfsteuer aufzulegen und auch von den Ordens¬ 
rittern Opfer und Gaben zu verlangen. Ta der edle Held sich ohnehin 
viele Neider zugezogen hatte, so wuchs die Erbitterung gegen ihn jetzt um 
so mehr, und es gelang seinen Feinden, ihn der Hochrneifterwürde zu ent¬ 
setzen. Ja, man kerkerte ihn jahrelang ein, und als er frei gelassen wurde, 
starb er bald daraus aus Gram. 
Ter preußische Bund. Nach der Schlacht bei Tannenberg wuchs 
im Innern des Landes mehr und mehr die Unzufriedenheit gegen den Orden. 
Man fühlte sich durch die Steuern bedrückt und klagte über mancherlei 
eigenmächtige Handlungen der hochmütigen Ritter. Ein unabhängiges Ge¬ 
richt, in welchem unparteiisch das Recht gesprochen wurde, war nicht zu 
erlangen. Da schlossen endlich (1440) die Vertreter des Landadels und 
der Städte in Marienwerder zu Schutz und Trutz ein Bündnis, welches 
der preußische Bund genannt wurde. Als später der Hochmeister Lud¬ 
wig von Erlichshausen bemüht war, den Bund auszulösen, da kündigten 
die verbündeten Städte und Landschaften dem Orden Treue und Gehor¬ 
sam aus und sprachen das Ordensland dem Könige von Polen zu. 
Ter dreizehnjährige Krieg. Hieraus entstand zwischen dem Orden 
einerseits, sowie dem preußischen Buude und den Polen andrerseits ein 
Krieg, der 13 Jahre dauerte. Da es dem Hochmeister jedoch an den 
nötigen Geldmitteln gebrach, so konnte er seinen Söldnern nicht die rück¬ 
ständige Löhnung entrichten und verpfändete daher die Marien bürg den 
Söldnerhauptleuten. Diese aber übergaben die Burg, als der Orden sie 
nicht rechtzeitig auslöste, den Polen. Wenngleich Bartholomäus 
Blume, der wackere Bürgermeister von Marienburg, mit Hilfe tapferer 
Bürger und Söldner die Stadt dem Orden noch einmal zurückgewann, 
mußte er sich doch endlich ergeben, und seine bewunderungswürdige Treue 
gegen den Orden büßte er aus Befehl des Polenkönigs auf dem Blut¬ 
gerüste. In neuester Zeit hat man diesem heldenmütigen Verteidiger in 
feiner Vaterstadt Marienburg ein Denkmal gesetzt. — Dem verderblichen 
Streite wurde (1466) ein Ende gemacht, als man den Frieden zu 
Thorn schloß, in welchem der Orden Ermland und Westpreußen mit 
Danzig, Thorn, Elbing und Marienburg an Polen abtreten mußte, Ost¬ 
preußen aber nur als Sehen von Polen erhielt. 
Tas Schicksal Westpreufzens. Als Westpreußen sich der Ordens-
	        
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