14
nehmen, daß ich Rom nicht sollte gesehen haben." Besonders ärgerte
er sich über den abscheulichen Leichtsinn, mit dem die Geistlichen den
Gottesdienst verrichteten. „Kanm hatte ich eine Messe gelesen," er¬
zählt er selbst, „so fehlte bei ihnen schon keine an dem Mandel.
Jft's doch, als ob man um den Lohn bete!"
Kanm war er zurück von der Reife, so erhielt er die besondere
Auszeichnung, zum Doktor der Theologie ernannt zu werden. Der
Kurfürst hatte ihn einmal predigen gehört unb war so sehr durch
ihn erbaut worben, daß er selbst die Kosten zu seiner Amts¬
erhöhung hergab. Luther aber wollte durchaus nicht die hohe Ehre
annehmen und erklärte, ihm gebühre eine solche Auszeichnung gar¬
nicht. Endlich mußte er doch nachgeben. Nun war erst recht des
Studierens kein Ende; denn er wollte doch seiner Würde auch Ehre
machen, und mit emsigem Fleiße suchte er das nachzuholen, was er
in feiner Jugend nicht hatte lernen können. Wäre bas so ge¬
blieben, so mürbe er zwar immer ein tüchtiger Professor und
Prediger geworden sein, aber nicht das Außerordentliche gewirkt
haben, wozu ihn die göttliche Vorsehung bestimmt hatte. Aber
ein Vorfall gab feinem Geiste plötzlich eine ganz neue Richtung.
4. Beginn der Reformation.
In der alten christlichen Kirche wurde eine sehr strenge Buß-
zucht geübt. Hatte jemand sich grober Vergehen gegen die Sitten-
gefetze schuldig gemacht, oder war er gar zur Zeit der Verfolgung
dem christlichen Glanben abtrünnig geworden, so wurde er erst
wieder zugelassen, wenn er sich in strengen Bußübungeu, die oft
jahrelang dauerten, von feinen Sünden gereinigt hatte. Als das
Christentum später Staatsreligion wurde, ließ sich eine solch strenge
Kirchenzucht nicht mehr durchführen. Es traten daher oft an die
Stelle der Bußübungen andere fromme Werke, z. B. Wallfahrten,
Gebete, Almosen. Ta nach germanischen Rechtsgrunbsätzen jebes
Vergehen mit Gelb gesühnt werben konnte, kam es im Mittelalter
immer häufiger vor, baß Kirchenstrafen gegen Zahlung bestimmter
Summen erlassen würben. Anfangs wurbe biefes Gelb zn guten
Zwecken nngronnbt; balb aber benutzten es gewissenlose Papste zur