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Auch machten die Römer die Beobachtung, daß Ger¬
manien ein äußerst fruchtbares Land war, und dachten:
„wenn uns dasselbe durch die blonden Riesen' bebaut wird,
kann es leicht eine unserer reichsten Provinzen werden/"
Die Germanen hatten jedoch keine Lust, das Joch der römi¬
schen Herrschaft zu tragen, obwohl sie sich leider nicht ver¬
teidigen konnten: denn die einzelnen Geschlechter waren dazu
Zu schwach und zur Bereinigung aller war es noch nicht ge¬
kommen. Dabei gefiel ihnen gar vieles an ihren Feinden;
sie bewunderten ihre Baukunst, tranken gerne von dem süßen
Weine, den sie durch jene kennen lernten und erfreuten sich
vor allem an ihren Waffen und ihrer Kriegskunst. „Wenn
wir diese so gut verständen, wie die kleinen schwachen Römer,
so würden wir niemals besiegt werden können", sagten sie sich.
Da schickten vornehme Deutsche ihre Söhne nach Rom,
damit sie in Kunst und Wissenschaft der Feinde unterrichtet
würden.
Indessen war Germanien vollkommen römische Provinz
geworden; nur einzelne Empörungen der Bewohner zeigten
gelegentlich, daß diese nicht zufrieden waren mit ihrer Un¬
freiheit. Nun gebot um bie Zeit, als Christus geboren worden
war, in Deutschland bet römische Felbhetr Varus, betn viele
tausend Solbaten halsen, die Germanen zu unterdrücken.
Die Not der letzteren war sehr groß geworden. Wenn die
Väter auf.der Jagd schöne Tiere erlegt hatten, deren Felle
sie für sich zubereiten wollten, so kamen bie Römer unb
suchten sich zuerst bie schönsten bavon aus; hatten bie Felbet
reichlich Korn getragen, so erhielten biejenigen, welche bie
Arbeit besorgt hatten, nämlich die Deutschen, nur einen kleinen
Teil bet Ernte, bas meiste nahmen bie Römer. Die liebe
alte Sprache, welche bie Kinber von beit Eltern, unb diese
wieder von ihren Eltern erlernt hatten, wurde verboten und
statt ihrer sollten sich alle der römischen Sprache bedienen;
To er nicht gehorchte, wurde hart bestraft, häufig sogar mit